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Renten: Die Risikoaufschläge spürbar gestiegen


24.03.23 12:44
Weberbank

Berlin (www.anleihencheck.de) - In den vergangenen Wochen sind neue Bankenkrisen, die am Wochenende eskalieren und Notenbanken zu Sondersitzungen zwingen, fast schon zur Routine geworden, so Daniel Schär, CFA bei der Weberbank.

Die Stimmen einer sich anbahnenden Finanzkrise 2.0 würden wieder lauter. Was passiere da gerade, und was leite man daraus ab?

Das jüngste Opfer der Finanzmarktturbulenzen war Credit Suisse, die auf Drängen der Schweizer Notenbank, der Schweizer Bankenaufsicht und der Politik am vergangenen Wochenende durch die UBS übernommen worden sei. Credit Suisse habe seit längerer Zeit mit großen Vertrauensverlusten und zunehmenden Mittelabflüssen zu kämpfen gehabt, da grobe Managementfehler gemacht und im Investmentbanking hohe Risiken eingegangen worden seien.

Die jüngsten Entwicklungen würden eindrucksvoll die aktuellen Verspannungen im Finanzsystem widerspiegeln. Auslöser sei die deutliche Zinswende der Notenbanken. Die US-Notenbank habe in dieser Woche einen weiteren Zinserhöhungsschritt um 0,25% vollzogen und angekündigt, den restriktiven Kurs beibehalten zu wollen. In den USA sei der Leitzins innerhalb eines Jahres um 4,75% angehoben worden. Zuletzt habe es so ein Umfeld in den 1980er Jahren gegeben. Das könne man als Vollbremsung bezeichnen, nachdem die Inflation im letzten Jahr aus dem Ruder gelaufen sei. Der Druck im Finanzsystem sei nach Jahrzehnten rückläufiger Zinsen deutlich gestiegen. Historisch sei es nach ähnlich drastischen Zinsanstiegen regelmäßig zu Problemen im Finanzbereich gekommen.

Das Vertrauen in die Funktionalität und Sicherheit des internationalen Bankensystems habe durch die aktuellen Entwicklungen erneut einen Rückschlag erlitten. Die Analysten der Weberbank möchten an dieser Stelle aber ganz klar betonen, dass die Rahmenbedingungen deutlich andere seien als bei der Finanzkrise im Jahr 2008. Das systemische Risiko, das von den Ereignissen der letzten zwei Wochen im Finanzsektor ausgehe, sollte in den Augen der Analysten der Weberbank begrenzt bleiben. So habe sich die Kapitalausstattung der Kreditinstitute seit der Finanzkrise deutlich verbessert und die strengere Aufsicht zu geringeren Risikoengagements geführt. Zusätzlich hätten die Notenbanken, anders als im Jahr 2008, schnell und offensiv gehandelt, um Liquidität bereitzustellen. Übliche Marktindikatoren würden derzeit keinen systemischen Stress anzeigen. Es gebe ebenso keinen riesigen Bestand an faulen Krediten. Primär handle es sich in den Bankbilanzen um vorübergehende Abschreibungen auf Staatsanleihen, die in den kommenden Jahren vollständig zurückgezahlt werden sollten.

Ein größeres Problem seien in den Augen der Analysten der Weberbank die sich verändernden Kreditbedingungen. Für Banken werde es teurer werden, neues Eigenkapital und Liquidität am Kapitalmarkt einzuwerben. Viele Banken hätten bereits ihre Kreditvergabestandards verschärft und würden diese wahrscheinlich in nächster Zeit noch konservativer ausrichten. Mit zeitlicher Verzögerung werde das das Wachstum der Wirtschaft bremsen. Gepaart mit der bereits erfolgten und künftig geplanten geldpolitischen Straffung der Notenbankpolitik, die ebenfalls zeitverzögert wirke, sei somit die Rezessionsgefahr wieder gestiegen. Da die Inflation noch relativ hoch sei und der Arbeitsmarkt angespannt, würden die Analysten der Weberbank nicht den optimistischen Ausblick vieler Markteilnehmer in Bezug auf eine schnelle Abkehr von der restriktiven Geldpolitik teilen.

Nach einer in den Augen der Analysten der Weberbank überraschend positiven Phase an den Kapitalmärkten zu Jahresbeginn habe mit den zunehmenden Unsicherheiten eine Phase begonnen, in der Risiken wieder differenzierter bepreist würden und mit hohen Kursschwankungen zu rechnen sei. Im Rentenbereich seien die Risikoaufschläge sowohl für Anleihen aus dem Finanzsektor als auch für Papiere schlechterer Bonität spürbar gestiegen. Anleihen mit hoher Bonität hätten, anders als im vergangenen Jahr, stabilisierende Wirkung gezeigt. Diesen Anlagebereich sähen die Analysten der Weberbank nach wie vor als sehr attraktiv an. Im Aktienbereich sei es zu einer sehr stark stimmungsgetriebenen Neubewertung von Substanz- und Wachstumsaktien gekommen. Während Substanzwerte, die stark im Finanz- und Energiesektor zu finden gewesen seien, unter Druck gestanden hätten, hätten Wachstumsaktien durch die Hoffnung auf eine weniger restriktive Notenbankpolitik eine Aufwertung erfahren. Das derzeitige Umfeld weise somit erneut sehr deutliche Favoritenwechsel auf.

Die Analysten der Weberbank würden ihren zuletzt sehr positiven Blick für Finanztitel aufgrund der jüngsten Entwicklungen auf eine neutrale Einschätzung des Sektors revidieren. Aktuell erleben wir, dass auch die Kurse von fundamental ausgezeichnet aufgestellte Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen werden, so die Analysten der Weberbank. Der Fokus sollte sich in den Augen der Analysten der Weberbank einmal mehr auf die Auswahl von Unternehmen mit hoher Qualität richten. (24.03.2023/alc/a/a)