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Euroraum: Stabile Zinsentwicklung
02.06.23 12:55
Helaba
Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Am europäischen Staatsanleihemarkt waren die Renditen zuletzt rückläufig, nachdem zuvor die Verzinsung der 10-jährigen Staatsanleihen von Frankreich, Italien und Spanien spürbar angezogen hatten, so die Analysten der Helaba.
Derzeit rentiere die 10-jährige Staatsanleihe Frankreichs wieder unter 3%, Italien um 4,1% und Spanien bei knapp 3,4%. Die überraschend von Ministerpräsident Pedro Sanchez ausgerufenen Neuwahlen für den 23. Juli hätten spanische Staatsanleihen nicht in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt würden sich die Zinsen nach einem Hoch im März dieses Jahres seitwärts bewegen. Die Anleger würden sich auf ein Ende des EZB-Zinserhöhungszyklus vorbereiten, europäische Renten befänden sich in einem ruhigen Fahrwasser.
Die starken Zinserhöhungen der EZB hätten Spuren sowohl in der Realwirtschaft als auch an den Rentenmärkten - in Form kräftiger Kursverluste - hinterlassen. Im Kampf gegen die Inflation habe die Notenbank ihren Leitzins in einem historisch beispiellosen Tempo auf zuletzt 3,75% anheben müssen. Damit habe sie die Inflationsdynamik gebremst, aber auch der Realwirtschaft einen deutlichen Dämpfer verpasst. Der globale Zinszug habe mächtig Fahrt aufgenommen, was für die hoch verschuldeten Länder der Peripherie zu einer Verteuerung der Kreditaufnahme führe.
EZB und EU hätten jedoch Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die EZB habe in ihrem Anleihekaufprogramm vorgesehen, einer unerwünschten Zinsfragmentierung am Rentenmarkt entgegenzutreten. Die EU wiederum stelle über ihren Wiederaufbaufonds NGEU (Next Generation EU) Mittel von über 800 Mrd. Euro befristet zur Verfügung. Das Aufbauinstrument solle helfen, die Corona-bedingten Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern, wobei die Inanspruchnahme an Bedingungen geknüpft sei.
Die Corona-Pandemie habe die Schuldenberge in der EU stark wachsen lassen, weshalb nicht wenige mit einer Rückkehr der Staatsschuldenkrise gerechnet hätten. Von der im Maastrichter Vertrag vorgesehenen Gesamtverschuldung von 60% am Bruttoinlandsprodukt habe sich der Euroraum mit einer durchschnittlichen Schuldenquote über 85% weiter entfernt. Mit der Pandemie sei die Schuldenquote in Italien in der Spitze auf knapp 160% geklettert, in Frankreich über 117% und in Spanien auf 125%. Sogar der Musterknabe Deutschland habe seine Quote um fast 10 Prozentpunkte auf gut 70% ausgeweitet.
Doch der NGEU-Fonds habe Wirkung gezeigt und zur allgemeinen Überraschung habe sich die Lage in der Eurozone entspannt. So sei die Schuldenquote zurückgegangen, insbesondere in Italien und Spanien. Der Trend dürfte in beiden Ländern anhalten, selbst wenn das Tempo nachlasse. Die italienische Staatsschuldenquote sei bis auf 144% gesunken, die spanische liege nun fast gleichauf mit Frankreich um 112%. Italien und Spanien hätten neben den Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds von einer hohen Nachfrage im Tourismussektor profitiert. Das habe der Wirtschaft überdurchschnittlich Auftrieb verliehen. Italiens Ministerpräsidentin Meloni zeige sich zudem reformbereit, sodass weitere Gelder aus dem Next Generation Fonds nicht gefährdet seien. Dagegen laufe der Schuldenabbau in Frankreich ebenso wie in Deutschland eher schleppend.
Die Ratingagenturen hätten diese Schuldenentwicklung zur Kenntnis genommen. Während die Agentur Fitch Frankreichs Kreditwürdigkeit von AA auf AA- herabgestuft habe, habe Moody's zuletzt auf eine anstehende Bewertung von Italien verzichtet. Mit Baa3 sowie einem negativen Ausblick befinde sich das Land gerade noch auf einem investmentwürdigen Status. Eine Herabstufung auf Junk wäre für die drittgrößte Volkswirtschaft Europas sowie für den Euroraum eine schwere Bürde und hätte wohl tiefe Spuren am Rentenmarkt hinterlassen. Die Ratingagenturen S&P sowie Fitch würden Italien jeweils einen Notch höher bewerten. Der Verzicht von Moody's sei am Rentenmarkt insgesamt positiv aufgenommen worden, abzulesen an der Renditedifferenz zu deutschen Staatsanleihen. Dieser Zinsspread gelte als Risikowahrnehmung bzw. Risikoprämie am Rentenmarkt.
Gegenwärtig lägen Italien und Spanien jeweils unter ihren langfristigen Durchschnitten von 200 bzw. 160 Basispunkten gegenüber Deutschland. Hingegen sei der französische Spread etwas herausgelaufen und erreiche nun einen Aufschlag von 57 Bp oberhalb seines Mittelwertes von 45. Dies sei allerdings für Frankreich verkraftbar, vor allem mit Blick auf die Sicherungsmechanismen von EU und EZB. Derzeit sehe es nicht danach aus, als ob die EZB in den nächsten Monaten mit ihrem Anti-Fragmentierungsinstrument gefordert sein würde. Das werde aber in hohem Maße davon abhängen, ob sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht weiter eintrübe. (02.06.2023/alc/a/a)
Derzeit rentiere die 10-jährige Staatsanleihe Frankreichs wieder unter 3%, Italien um 4,1% und Spanien bei knapp 3,4%. Die überraschend von Ministerpräsident Pedro Sanchez ausgerufenen Neuwahlen für den 23. Juli hätten spanische Staatsanleihen nicht in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt würden sich die Zinsen nach einem Hoch im März dieses Jahres seitwärts bewegen. Die Anleger würden sich auf ein Ende des EZB-Zinserhöhungszyklus vorbereiten, europäische Renten befänden sich in einem ruhigen Fahrwasser.
Die starken Zinserhöhungen der EZB hätten Spuren sowohl in der Realwirtschaft als auch an den Rentenmärkten - in Form kräftiger Kursverluste - hinterlassen. Im Kampf gegen die Inflation habe die Notenbank ihren Leitzins in einem historisch beispiellosen Tempo auf zuletzt 3,75% anheben müssen. Damit habe sie die Inflationsdynamik gebremst, aber auch der Realwirtschaft einen deutlichen Dämpfer verpasst. Der globale Zinszug habe mächtig Fahrt aufgenommen, was für die hoch verschuldeten Länder der Peripherie zu einer Verteuerung der Kreditaufnahme führe.
Die Corona-Pandemie habe die Schuldenberge in der EU stark wachsen lassen, weshalb nicht wenige mit einer Rückkehr der Staatsschuldenkrise gerechnet hätten. Von der im Maastrichter Vertrag vorgesehenen Gesamtverschuldung von 60% am Bruttoinlandsprodukt habe sich der Euroraum mit einer durchschnittlichen Schuldenquote über 85% weiter entfernt. Mit der Pandemie sei die Schuldenquote in Italien in der Spitze auf knapp 160% geklettert, in Frankreich über 117% und in Spanien auf 125%. Sogar der Musterknabe Deutschland habe seine Quote um fast 10 Prozentpunkte auf gut 70% ausgeweitet.
Doch der NGEU-Fonds habe Wirkung gezeigt und zur allgemeinen Überraschung habe sich die Lage in der Eurozone entspannt. So sei die Schuldenquote zurückgegangen, insbesondere in Italien und Spanien. Der Trend dürfte in beiden Ländern anhalten, selbst wenn das Tempo nachlasse. Die italienische Staatsschuldenquote sei bis auf 144% gesunken, die spanische liege nun fast gleichauf mit Frankreich um 112%. Italien und Spanien hätten neben den Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds von einer hohen Nachfrage im Tourismussektor profitiert. Das habe der Wirtschaft überdurchschnittlich Auftrieb verliehen. Italiens Ministerpräsidentin Meloni zeige sich zudem reformbereit, sodass weitere Gelder aus dem Next Generation Fonds nicht gefährdet seien. Dagegen laufe der Schuldenabbau in Frankreich ebenso wie in Deutschland eher schleppend.
Die Ratingagenturen hätten diese Schuldenentwicklung zur Kenntnis genommen. Während die Agentur Fitch Frankreichs Kreditwürdigkeit von AA auf AA- herabgestuft habe, habe Moody's zuletzt auf eine anstehende Bewertung von Italien verzichtet. Mit Baa3 sowie einem negativen Ausblick befinde sich das Land gerade noch auf einem investmentwürdigen Status. Eine Herabstufung auf Junk wäre für die drittgrößte Volkswirtschaft Europas sowie für den Euroraum eine schwere Bürde und hätte wohl tiefe Spuren am Rentenmarkt hinterlassen. Die Ratingagenturen S&P sowie Fitch würden Italien jeweils einen Notch höher bewerten. Der Verzicht von Moody's sei am Rentenmarkt insgesamt positiv aufgenommen worden, abzulesen an der Renditedifferenz zu deutschen Staatsanleihen. Dieser Zinsspread gelte als Risikowahrnehmung bzw. Risikoprämie am Rentenmarkt.
Gegenwärtig lägen Italien und Spanien jeweils unter ihren langfristigen Durchschnitten von 200 bzw. 160 Basispunkten gegenüber Deutschland. Hingegen sei der französische Spread etwas herausgelaufen und erreiche nun einen Aufschlag von 57 Bp oberhalb seines Mittelwertes von 45. Dies sei allerdings für Frankreich verkraftbar, vor allem mit Blick auf die Sicherungsmechanismen von EU und EZB. Derzeit sehe es nicht danach aus, als ob die EZB in den nächsten Monaten mit ihrem Anti-Fragmentierungsinstrument gefordert sein würde. Das werde aber in hohem Maße davon abhängen, ob sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht weiter eintrübe. (02.06.2023/alc/a/a)