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Was jetzt für Unternehmensanleihen spricht


21.07.20 10:15
DWS

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die globalen Kapitalmärkte standen im ersten Halbjahr 2020 ganz im Bann der Corona-Pandemie, so die Experten der DWS.

Die Aktienkurse seien gewaltig unter Druck geraten, hätten sich dann aber wieder rasant erholt. Selbst Staatsanleihen hätten sich ungewöhnlich stark bewegt gezeigt, und auch Kurse und Renditen von Unternehmensanleihen seien teils heftig ins Schwanken geraten.

Wie hätten sich Unternehmensanleihen aus der Eurozone in den ersten sechs Monaten des Jahres entwickelt? Welche Faktoren hätten Kurse und Renditen beeinflusst? Welche Rolle und welches Gewicht würden ihnen in einem breit gestreuten Portfolio zukommen? Das erste Halbjahr in diesem spannenden Teilmarkt im Schnelldurchlauf - und ein kurzer Ausblick.

Phase 1: Die Ruhe vor dem Sturm
Europas Rentenanleger hätten sich zu Beginn des Jahres vielfach auf der Suche nach Rendite befunden: Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) habe geringe Renditen bei Staatsanleihen erwarten lassen. Neben der Notenbank hätten die Aussicht auf ein moderates Wirtschaftswachstum mit vergleichsweise geringen Ausfallraten sowie die Ankäufe von Unternehmensanleihen durch die EZB in diesem Segment ebenfalls für hohe Kurse und niedrige Renditen gesorgt. Manche Investoren seien daher für mehr Performance auf riskantere Bereiche ausgewichen und hätten sich auch bei hochverzinslichen Anleihen von Unternehmen mit schwächerem Rating engagiert.

Phase 2: Der Corona-Schock
Die Situation habe sich schlagartig mit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus in Europa geändert: Jetzt sei klar geworden, dass eine Pandemie die Welt erfasst habe und Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der Wirtschaft schwer schaden würden. Wachstumsprognosen für Länder und Regionen seien ebenso zurückgenommen worden wie die Schätzungen für die Gewinnentwicklung der Unternehmen - und damit wichtige Parameter für die Bewertungen an den Aktien- und Rentenmärkten.

Infolge der erhöhten Unsicherheit seien die Kurse nicht nur von Aktien, sondern auch von Unternehmensanleihen abgestürzt, spiegelbildlich hätten hier die Renditen aufgrund größerer Ausfallrisiken steil angezogen. Die starken Schwankungen hätten den Markt vorübergehend austrocknen lassen: Einen Käufer für eine Anleihe zu finden, sei zeitweise so gut wie unmöglich gewesen. Besonders in Mitleidenschaft gezogen worden seien Anleihen von Unternehmen aus zyklischen Branchen, deren Entwicklung eng an die der Konjunktur geknüpft sei. Insgesamt hätten sich die Renditeaufschläge für Unternehmenspapiere gegenüber den weniger riskanten Staatsanleihen erheblich ausgeweitet. Unter den 15 Tagen mit der größten Ausweitung der Renditeaufschläge würden sich 5 allein im März 2020 finden.

Phase 3: Zentralbanken und Regierungen würden eingreifen
Doch dann sei Hilfe genaht - nicht nur in Form der langsam Gestalt annehmenden Konjunkturprogramme verschiedener Regierungen und der EU-Kommission: Am 18. März habe die EZB ein Notfall-Ankaufprogramm für Anleihen (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP) mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro bekannt gegeben. Ähnliche Schritte der US-Zentralbank FED hätten den globalen Anleihemärkten die dringend nötige Liquidität verschafft und letztlich für eine Trendwende im zweiten Quartal gesorgt.

Phase 4: Versöhnlicher Halbjahresabschluss
Im April 2020 hätten Unternehmen aus der Eurozone Papiere im Rekordvolumen von insgesamt 66 Milliarden Euro auf den Markt gebracht, um ihre Liquidität zu stärken. Auf der anderen Seite habe die Bonität vieler Firmen so sehr gelitten, dass die Ratingagentur S&P bis zum 4. Juni coronabedingt ihre Einschätzung für mehr als 1800 Unternehmen weltweit gesenkt habe. Zwar seien davon vor allem US-Firmen betroffen gewesen, doch auch bei Papieren in Euro seien bis Mitte vergangenen Monats rund drei Prozent des ausstehenden Anleihevolumens aus dem Investment-Grade-Bereich herausgefallen.

Dennoch habe der Markt für Unternehmensanleihen Ende des zweiten Quartals weiter zugelegt. Der Optimismus, dass der Corona-Lockdown besser überstanden werden könnte als ursprünglich befürchtet, habe sich zunächst an den Aktien- und dann auch an den Rentenmärkten verbreitet. Dort habe erneut die EZB für einen Schub gesorgt, als sie ihr "PEPP"-Anleihekaufprogramm Anfang Juni nochmals um 600 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro ausgeweitet habe. Und so zeige der Index iBoxx Euro Corporates, der den Markt für Unternehmensanleihen in Euro mit Investment Grade abbilde, für dieses Segment am 30. Juni eine negative Performance von lediglich 0,5 Prozent im ersten Halbjahr 2020 - ein versöhnlicher Abschluss von sechs aufregenden Monaten.

Wie gehe es nun weiter mit Euro-Unternehmensanleihen? Vieles hänge sicherlich an der Entwicklung der Pandemie. Derzeit würden Analysten erwarten, dass die Wirtschaft in der Eurozone bereits im dritten Quartal wieder wachse. Das nähre die Hoffnung, dass das Risiko von Unternehmenspleiten zumindest nicht steige. Eine wichtige Rolle falle in dem Zusammenhang auch der Europäischen Zentralbank zu, die klargemacht habe, dass sie ihren lockeren geldpolitischen Kurs fortsetzen werde. Somit dürften die Renditen von Staatsanleihen aus dem Euroraum niedrig bleiben und sich Unternehmenspapiere als rentierlichere Alternative anbieten.

Doch Risiken würden bleiben, vor allem eine zweite COVID-19-Welle könnte den Unternehmensanleihen zusetzen, also zu Renditeanstiegen und damit zu Kursverlusten führen. Zudem gebe es noch keine Einigkeit über den europäischen Wiederaufbaufonds oder die Ausgestaltung des Brexits. Entscheidend dürften daher die Maßnahmen sein, mit denen die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken den Markt stützen würden. Auf diese würden Anleger offenbar setzen: Die Kapitalzuflüsse in Unternehmensanleihen guter Bonität hätten per Anfang Juli schon fast wieder das Vorjahresniveau erreicht. Das habe gute Gründe. Zwar hätten die Entwicklungen der letzten Monate gezeigt, dass die Kurse von Unternehmensanleihen stärker schwanken könnten als die von Staatsanleihen - dieses Risiko werde Anlegern jedoch mit höheren Renditen vergolten.

Die Auswahl der richtigen Anleihen, das richtige Timing, das alles erfordere umfassende Kenntnisse und Erfahrungen. Daher spreche viel dafür, die Analyse und die konkreten Anlageentscheidungen einem professionellen, aktiven Fondsmanagement zu überlassen, das sich ausschließlich auf diese Anlageklasse konzentriere. Denn auch wenn die Aussichten gut erscheinen - die Risiken von Kursverlusten bis hin zum Totalausfall von Anleihen, wenn ein Schuldner seine Anleihen nicht mehr zurückzahlen kann, gehören auch bei Anleihen guter Bonität immer mit auf die Rechnung, so die Experten der DWS. (Ausgabe vom 14.07.2020) (21.07.2020/alc/a/a)