Volkswirtschaft: Risikofaktor Inflation


10.03.23 09:32
Postbank Research

Bonn (www.anleihencheck.de) - Konjunkturdaten aus der Eurozone signalisieren eine leichte Erholung der Wirtschaft, so die Analysten von Postbank Research.

Der weiterhin hohe Preisdruck gefährde aber den Aufschwung. Auch in den USA halte sich die Inflation hartnäckig.

Die Erholung der europäischen Wirtschaft nehme Konturen an - die Stimmung in den Unternehmen habe sich zuletzt weiter aufgehellt. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Eurozone sei im Februar gegenüber dem Vormonat um 2,0 auf 52,3 Zähler gestiegen. Es sei der höchste Wert seit neun Monaten. Damit habe sich der wichtige Konjunkturfrühindikator vorerst wieder im expansiven Bereich etabliert. Werte ab 50 Punkten würden eine zunehmende Wirtschaftsaktivität signalisieren. Die Stimmungsaufhellung gehe aber ausschließlich auf den Dienstleistungssektor zurück. Dagegen habe sich in der Industrie die Stimmung leicht eingetrübt, obwohl sich die pandemiebedingten Lieferverzögerungen, mit denen die Hersteller in den vergangenen zwei Jahren zu kämpfen gehabt hätten, zunehmend auflösen würden. Außerdem würden die jüngsten Geschäftsberichte europäischer Industrieunternehmen zeigen, dass die Nachfrage Ende 2022 zwar nachgelassen habe, jedoch weniger stark als befürchtet. Allerdings habe das überraschend robuste Umsatzwachstum im 4. Quartal 2022 insbesondere aus hohen Auftragsbeständen resultiert. Überdies sei es den Firmen vielfach gelungen, höhere Kosten auf ihre Kunden abzuwälzen. Künftig könnten die Margen aber stärker als bisher unter Druck geraten.

Ein ähnliches Bild wie auf europäischer Ebene zeichne sich auch für die deutsche Wirtschaft ab. Der Einkaufsmanagerindex für den Servicesektor sei besser ausgefallen als vom Markt prognostiziert, der für das Verarbeitende Gewerbe sei entgegen den Erwartungen weiter abgerutscht. Trotz der durchwachsenen Aussichten arbeite sich die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung des ifo-Instituts allmählich aus ihrer Schwächephase heraus. Der von den Münchnern monatlich veröffentlichte ifo-Geschäftsklimaindex sei im Februar von 90,1 auf 91,1 Punkte gestiegen. Der vierte Anstieg in Folge des recht zuverlässigen Konjunkturbarometers basiere auf den Erwartungen der Unternehmen, die sich für die kommenden sechs Monate zunehmend optimistischer zeigen würden.

Ein großer Risikofaktor für die Konjunkturerholung sei die Inflation. So hätten bereits im Schlussquartal 2022 die starken Preissteigerungen und die anhaltende Energiekrise die privaten Konsumausgaben um 1,0% im Vergleich zum Vorquartal gedrückt, melde das Statistische Bundesamt. Deshalb habe sich die Dynamik der deutschen Wirtschaft zum Jahresende deutlich abgeschwächt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei von Oktober bis Dezember im Vergleich zum Vorquartal um 0,4% gefallen. Sollte das BIP auch im laufenden Vierteljahr sinken, würde Europas größte Volkswirtschaft in eine technische Rezession rutschen.

Besorgniserregend sei dabei die Beschleunigung der Kerninflation ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise von 5,2% auf 5,6% im Februar. Offenbar würden die Lohnerhöhungen im Service-Sektor erste Zweitrundeneffekte auslösen. Das sei auch in anderen Ländern zu beobachten. Deshalb könnten die Inflationsraten länger auf einem hohen Niveau verharren und weitere Straffungen der Geldpolitik seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) begünstigen.

Hartnäckig halte sich auch die Inflation in den USA. Die US-Verbraucherpreise seien im Januar um 6,4% gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen - nur leicht weniger als im Dezember und deutlich über den erwarteten 6,2%. Auch die Kerninflation sei mit 5,6% gegenüber dem Vorjahresmonat hoch geblieben. Dabei scheine die Disinflation bei Waren, die den Inflationsrückgang bisher vorangetrieben habe, an Kraft zu verlieren, während die Stärke des US-Arbeitsmarktes sowie die verbesserte Konsumentenstimmung Aufwärtsrisiken für Lohnwachstum und Dienstleistungspreise bergen würden. (Kapitalmarktausblick März 2023)
(10.03.2023/alc/a/a)