Zahlen zur Oktober-Verbraucherpreisinflation in den USA im Fokus


13.11.23 10:18
Raiffeisen Bank International AG

Wien (www.anleihencheck.de) - Der Industriesektor steht derzeit unter besonderer Beobachtung, ist er doch im aktuellen Umfeld ein Bleigewicht für die Konjunktur und ein Grund, warum industrielastigere Länder wie Deutschland und Österreich konjunkturell hinterherhinken, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG (RBI).

Und kurzfristig sei keine Besserung in Sicht. So sei die deutsche Industrieproduktion im September um 1,6% gegenüber dem Vormonat gesunken, besonders die Konsumgütererzeugung, der Automotivebereich sowie die Chemieindustrie hätten belastet. Deutschland sei dabei kein Ausreißer, auch andere Länder (sofern schon Daten vorlägen) hätten jüngst für den September Produktionsrückgänge vermeldet, so auch Österreich (-1,6% p.m.).

Auf Basis der bereits veröffentlichten Länderergebnisse zeichne sich damit für die gesamte Eurozone im September ein Rückgang der Industrieproduktion von 0,7% ab. Die Ausgangsbedingungen für das vierte Quartal seien daher gerade für Deutschland und Österreich denkbar schlecht. Denn ohne ein merkliches Anziehen der Produktion zumindest im Oktober wäre das Schlussquartal ein weiteres mit einem Produktionsminus und die Industrie damit auch in Q4 ein Belastungsfaktor für die Konjunktur.

Auftragseingänge und Stimmungsumfragen (PMI-Industrie) würden kurzfristig keine Wende zum Besseren signalisieren. Neben der Zinswende und dem schwachen globalen Umfeld werde der Industriesektor weiterhin von den Nachwirkungen der Lieferkettenengpässe belastet. Viele Betriebe seien 2021 bis Mitte 2022 von einer "just in time" Produktion mit nur geringen Lagerbeständen zu einer "just in case" Lagerhaltung übergegangen, hätten die Lager also in stärkerem Maße gefüllt als unter normalen Umständen üblich. Die globalen Verspannungen entlang der Lieferketten hätten sich mittlerweile jedoch aufgelöst, die Unternehmen würden zu einer normalen Lagerhaltung zurückkehren und daher Lagerbestände abbauen. Das drücke auf die Neubestellungen. Zudem sei das dicke Auftragspolster, das die Industrie noch recht gut durch das schwierige Jahr 2022 gebracht habe, weitestgehend abgearbeitet. Die schwachen Neuaufträge würden daher nun direkt auf die Produktion durchschlagen.

Was die diese Woche erscheinende zweite Schätzung zum Eurozonen-BIP im dritten Quartal betreffe, so würden die Analysten hier kein Potenzial für Veränderungen sehen. Dementsprechend sollte der im Rahmen der ersten Schätzung publizierte Rückgang in Höhe von -0,1% (p.q.) bestätigt werden. Auch die Stimmungslage werde weiterhin verhalten bleiben. So würden die Analysten zwar für den deutschen November-ZEW erwarten, dass sich die Erwartungskomponente von -1,1 auf 8 Punkte verbessern werde, für die Komponente der gegenwärtigen Lage würden sie allerdings mit -76 Punkten (Oktober: -79,9) ein weiterhin sehr eingetrübtes Stimmungsbild prognostizieren.

In den USA erscheinen indessen ebenfalls verschiedene Kennzahlen zur Wirtschaftsaktivität, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG. Hinsichtlich der (nominalen) Einzelhandelsumsätze im Oktober werde aktuell vom Konsens eine monatliche Wachstumsrate von -0,1% angenommen. Bei der Industrieproduktion werde hingegen ein stärkerer Abschwung von -0,4% (p.m.) vermutet. Sentiment-seitig erscheinen in den USA weiterhin die November-Werte für den Empire State Index und den Philly FED-Index, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG. Hier halte der Konsens für beide Indices eine weitere Eintrübung für am wahrscheinlichsten.

Das Datenhighlight stelle allerdings die Veröffentlichung der Zahlen zur Oktober-Verbraucherpreisinflation (VPI) in den USA dar. Im September seien die Werte zu Gesamt- und Kerninflationsrate bei 3,7% und 4,1% (jeweils p.a.) zu liegen gekommen. Der Nowcast der Cleveland FED weise aktuell auf einen recht starken Rückgang der Gesamtinflationsrate auf 3,3% hin.

Bezüglich der Kerninflationsrate stehe laut Nowcast ein Anstieg auf 4,2% zu Buche, der Konsens gehe mit 4,1% von einer Entwicklung wie im Vormonat aus. Der Abstand zwischen den beiden Inflationsmaßzahlen würde sich somit merklich vergrößern, die Kerninflationsrate bleibe der bestimmende Faktor hinsichtlich des Inflationsabbaus. Die Gesamtinflationsrate werde aktuell positiv dadurch beeinflusst, dass die Preise für Kraftstoffe trotz der Eskalation des Konflikts in Nahost nicht merklich angestiegen seien. Die Wohnkosten und die Lohnentwicklung würden die entscheidenden Faktoren hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Kerninflation bleiben.

Am Zinsmarkt habe sich der Renditeabwärtsdruck der vergangenen Woche abgeschwächt. Insbesondere nach den Renditeanstiegen am 9. November 2023 würden sich Benchmarkt-Renditen in der Eurozone und in den USA auf Wochensicht weitgehend unverändert zeigen, hätten sich aber äußerst volatil verhalten. Unterschiedliche Einflussfaktoren würden sich aktuell am Zinsmarkt widerspiegeln. Einerseits spiele der Rückgang des Rohölpreises Brent auf 80 US-Dollar pro Fass eine Rolle, da sich dadurch auch Inflationserwartungen zurückgebildet hätten. Andererseits seien Zentralbanken bemüht, die Erwartungshaltung des Marktes rascher Zinssenkungen einzudämmen.

Im Unterschied zur Eurozone könnten in den USA auch weitere Zinserhöhungen nicht ausgeschlossen werden. Die Botschaft der letzten FED-Sitzung sei von Notenbankchef Powell vergangene Woche nochmals klargemacht worden: Die FED sei sich nicht sicher, dass das aktuelle Zinsniveau ausreichend restriktiv sei, man müsse vorsichtig vorgehen. In diesem Sinne werde die bevorstehende US-Inflationsveröffentlichung für den Zinsmarkt diese Woche klar im Fokus stehen. Aktuell würden sich Benchmark-Zinsen, aber auch EUR/USD, nahe der Jahresend-Prognosen der Analysten befinden. (Ausgabe vom 10.11.2023) (13.11.2023/alc/a/a)