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Wir stehen am Anfang eines gesunden Anleihemarktes


14.11.23 10:45
Degroof Petercam

Brüssel (www.anleihencheck.de) - Die Anleihemärkte sind von einer extrem teuren zu einer billigen Bewertung übergegangen, so Peter De Coensel, CEO von DPAM.

Es fühle sich an wie eine Zeitreise zwanzig Jahre in die Vergangenheit. Zunächst hätten Ende 2020 die Inflationserwartungen zu steigen begonnen. Ab März 2022 habe die US-Notenbank FED zu einer beispiellosen Anhebung der Zinsen um 525 Basispunkte angesetzt und damit die Renditekurve abgeflacht. In den letzten zwei bis drei Monaten habe sich die Lage stabilisiert; das kurze Ende der Kurve habe verharrt, während die langen Zinsen aufgrund der wachsenden Besorgnis über die anhaltend hohen Haushaltsdefizite in den USA und der EU einen Schub erhalten hätten. Inzwischen aber würden die Konjunkturindikatoren sich abzuschwächen beginnen.

Beginn eines gesunden Anleihemarktes

DPAM sehe den Beginn eines gesunden Anleihemarktes, der attraktive Einstiegschancen bereithalte. Für Anleihen im Investment-Grade-Bereich erhalte man in Europa zwischen 4,5 und 5 Prozent, in den USA 6,5 Prozent (inklusive Dollarrisiko). Bei Hochzinsanleihen gebe es noch 2 Prozent hinzu. Selbst wenn ein oder zwei Schuldner ausfallen würden, könne ein Portfolio rund 7 bzw. 9 Prozent in Europa bzw. den USA erzielen.

Auf dem Markt für Staatsanleihen würden gewisse Marktteilnehmer mit Spekulationen versuchen, das schwächste Glied ausfindig zu machen. Die allgemeine Volatilität dürfte sich aber beruhigen, und dann hätten die Leitzinsen ihren Höhepunkt erreicht. Diese Stabilisierung der Anleihemärkte dürfte im Jahr 2024 eintreten.

Anleihen zur Diversifizierung

Anleihen würden nach wie vor für eine sehr gute Diversifizierung bieten, auch wenn das karge Rentenzeitalter in den vergangenen zehn Jahren Zweifel gesät habe. Geografisch lasse sich mit festverzinslichen Anlagen sehr gut streuen. Diese Erfahrung nutze DPAM seit vielen Jahren, zum Beispiel über Schwellenländeranleihen in lokaler Währung. Historisch gesehen hätten die Schwellenländer eine niedrigere Schuldenquote. Sollten die Zinsen im Westen über einen längeren Zeitraum hoch bleiben, würden eher in den OECD-Ländern prekäre finanzielle Situationen als in den soliden Schwellenländern drohen.

Die geopolitischen Spannungen hätten derweil neue Dimensionen angenommen. Das Gravitationszentrum werde sich aus dem Westen nach Osten und Süden verlagern. Die politische Ungewissheit werde uns über Jahre begleiten. Daher sollte man weltweit und insbesondere bei den festverzinslichen Anlagen stärker diversifizieren, denn das Zinsbild in China unterscheide sich von dem in den USA, Indien, Brasilien und so weiter. Anleger sollten die Zinssituation daher gründlich analysieren und genau überlegen, welche Sektoren und Regionen Potenzial bieten würden. (14.11.2023/alc/a/a)