Tschechische Republik: Inflationsrückgang stellt Falkenlager nicht zufrieden


15.05.23 12:51
DekaBank

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die tschechische Wirtschaft hat sich im ersten Quartal 2023 etwas besser entwickelt, als von uns erwartet: Statt der Fortsetzung der Rezession hat das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ein Mini-Wachstum von 0,1% gegenüber dem Vorquartal aufgezeigt, so die Analysten der DekaBank.

Das sei aber zu wenig, um das Konjunkturbild insgesamt zu verändern: Die Konjunkturdynamik sei so schwach, dass Tschechien im Unterschied zu den meisten EU-Länder nach wie vor nicht ihr Vor-Corona-Niveau erreicht habe. Die Analysten der DekaBank hätten ihre BIP-Prognose für 2023 leicht nach oben angepasst, von zuvor -0,5% auf nun -0,2%. Die Inflationsrate, die im vergangenen Jahr massiv angestiegen sei, befinde sich auf dem Rückzug sowohl in der Gesamt- als auch in der Kernrate. Im April seien die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat sogar überraschend um 0,2% zurückgegangen (12,7% yoy), während 2022 das durchschnittliche Tempo noch bei einem Plus von 1,2 Prozentpunkten gelegen habe. Nach den Zentralbankprojektionen werde die Inflation schon im zweiten Quartal des kommenden Jahres in den Zielbereich (2% +/- 1%.) zurückkehren. Doch der Zentralbank reiche die schwache Konjunktur und die Desinflation noch bei Weitem nicht aus, um über eine Perspektive von Leitzinssenkungen nachzudenken. Bei der Mai-Sitzung des geldpolitischen Komitees sei vielmehr überraschend eine Leitzinsanhebung um 25 Bp vom aktuellen Niveau von 7% diskutiert worden, für die sich drei der insgesamt sieben Mitglieder ausgesprochen hätten. Die Zentralbank betone pro-inflationäre Risiken der Fiskalpolitik und wolle die Zinssenkungserwartungen der Märkte dämpfen. Die Analysten der DekaBank würden nach wie vor erwarten, dass die tschechische Zentralbank als erste der Region im vierten Quartal 2023 die geldpolitische Lockerung beginne. Nach dem hawkishen Zentralbankauftritt im Mai steige jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass der Leitzins erst im kommenden Jahr gesenkt werde.

Perspektiven: Die exportorientierte tschechische Volkswirtschaft reagiere stark auf die Entwicklung der globalen, insbesondere der europäischen, Konjunktur, die vorerst schwach bleiben dürfte. Auch der inländische Konsum bleibe nach Erwartung der Analysten der DekaBank dieses Jahr durch die Inflation und die Straffung der Geldpolitik belastet. Für einen Konjunkturimpuls dürften weiterhin die Mittel der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU sorgen. Die finanziellen Mittel aus dem Programm und auch die entsprechenden konjunkturellen Effekte dürften allerdings zeitlich über die nächsten Jahre gestreckt werden.

Länderrisiko: Das Rating Tschechiens befinde sich im sehr soliden Investment-Grade-Bereich (S&P und Fitch: AA-; Moody’s: Aa3), allerdings würden die Agenturen die Perspektiven für die Konjunktur und die öffentlichen Finanzen kritisch sehen und die Bonitätsbeurteilung mehrheitlich mit einem negativen Ausblick versehen. Das Budgetdefizit sei während der Corona-Krise angestiegen und dürfte wegen der neuen Phase wirtschaftlicher Schwäche und der Ausgaben für die Energiepreisdeckelung auch in 2023 noch hoch bleiben. Tschechien sei es gelungen, die Erdgaslieferungen aus Russland innerhalb des Jahres 2022 nahezu vollständig zu ersetzen, was die Anfälligkeit des Landes im Falle des Lieferstopps über die Südrouten erheblich reduziere. Nach den Parlamentswahlen im Herbst 2021 sei in der Tschechischen Republik der liberalkonservative Petr Fiala zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Er führe eine Regierung aus fünf Gruppierungen an, dem neben seiner Demokratischen Bürgerpartei (ODS) auch Christdemokraten und Piratenpartei angehören würden. Der neue Ministerpräsident stehe zwar für eine traditionellere Politik als sein Vorgänger, der ANO-Vorsitzende Babis; die Breite des Regierungsbündnisses könnr allerdings zur Instabilität der Regierung führen. (15.05.2023/alc/a/a)