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Sorge um US-Fiskalpolitik treibt Märkte um
13.11.23 13:25
ODDO BHF
Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die US-Ratingagentur Moody's könnte den Vereinigten Staaten demnächst ihre bisherige Topbewertung entziehen, so die Experten von ODDO BHF.
Der Ausblick für das Land sei von "stabil" auf "negativ" gesetzt worden, wie die Ratingagentur am Freitag mitgeteilt habe. Angesichts hoher Zinsen und ohne Schritte zur Ausgabenkürzung oder Einnahmeerhöhung würde das US-Haushaltsdefizit wahrscheinlich "sehr hoch bleiben, was die Erschwinglichkeit der Schulden erheblich schwächt", habe es geheißen. Die Abwärtsrisiken für die fiskalische Stärke der USA hätten zugenommen und könnten möglicherweise nicht mehr vollständig durch die einzigartigen Kreditstärken des Landes ausgeglichen werden.
"Die dysfunktionale Fiskalpolitik der USA wird zur Belastung für die Welt", schreibe Prof. Dr. Jan Viebig, CIO der ODDO BHF SE, in einem aktuellen Marktkommentar. An der Bonität der USA seien zuletzt die Zweifel etwas größer geworden. Nach S&P im Jahr 2011 habe im August 2023 eine zweite große Ratingagentur, Fitch, dem Land die höchste Bonitätsnote AAA entzogen und auf AA+ gesenkt. "Das muss die Gläubiger der USA nicht beunruhigen. US-Staatsanleihen zählen weiterhin zu den sichersten Anlagemöglichkeiten der Welt. Dennoch: Die amerikanische Finanzpolitik entwickelt sich aus unserer Sicht eindeutig in die falsche Richtung. Der Vorzug, die Leitwährung für die globale Wirtschaft zu emittieren, entbindet nicht von der Pflicht, verantwortungsvoll mit den Staatsfinanzen umzugehen", so Viebig. "Der Haushaltsprozess funktioniert in den USA seit Jahrzehnten nicht mehr." Der Kongress habe Mühe, die Haushaltsgesetze rechtzeitig vor Beginn des Fiskaljahres zu verabschieden. "Einen regulären Haushalt gibt es nicht mehr, nur Haushaltsentwürfe, Einzelgesetze, befristete Ausgabenermächtigungen oder Pakete sachlich unverbundener Einzelgesetze."
Vor allem wenn der Kongress gespalten sei, komme es immer wieder zu schwerwiegenden Konflikten. "Es droht ein Shutdown. Wird die Schwelle erreicht, dürfen keine weiteren Finanzierungen am Kapitalmarkt vorgenommen werden, auch nicht zur Deckung der Zinsverpflichtungen." Dadurch stünden die USA immer wieder vor einem zumindest "technischen" Zahlungsausfall. Aktuell sei die Schuldengrenze bis Januar 2025 ausgesetzt, wenn die nächste Wahlperiode oder Amtszeit des nächsten Präsidenten beginne. Derzeit könne sich die politische Klasse wieder nicht einigen. Wie kontraproduktiv diese Streitkultur geworden sei, zeige sich Viebig zufolge auch daran, dass die öffentlichen Finanzen aus dem Ruder laufen würden: Die Defizitquote liege regelmäßig über 5 Prozent. "Die Defizitquote könnte künftig noch steigen, wenn das Zinsniveau "höher für länger" bleibt", befürchte der Chefanlagestratege. Die Steuersenkungen von Biden-Vorgänger Trump, besonders die individuellen Steuern, würden Ende 2025 auslaufen. Würden sie verlängert oder in dauerhafte Steuersenkungen umgewandelt, könnten die Defizite nochmals höher ausfallen. "Auch die Schulden steigen kontinuierlich. Die Gesamtverschuldung des Bundeshaushalts liegt nach Angaben des US-Finanzministeriums bei rund 33,7 Billionen Dollar oder 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts", rechne Viebig vor.
Das Bizarre an diesen Konflikten sei, dass die Politiker um einen kleiner werdenden Spielraum streiten würden. "Nur rund 1,7 Billionen Dollar der insgesamt 6,4 Billionen Dollar Staatsausgaben sind Verfügungsmasse der Politiker. Der Rest teilt sich auf Zinsen und Ausgaben auf, zu denen der Staat gesetzlich verpflichtet ist, beispielsweise im Rahmen von Rentenzahlungen", stelle Viebig klar. Vor allem das Gewicht der Zinsen drücke immer mehr: Im Fiskaljahr 2023 habe die Bundesregierung 663 Milliarden Dollar Zinsen gezahlt. In neun Jahren, bis 2032, werde sich dieser Betrag nach CBO-Prognose auf 1,35 Billionen Dollar mehr als verdoppeln. Ein Ausweg aus dieser verfahrenen Situation sei nicht in Sicht. Notwendig wäre eine grundlegende Reform, zu der den USA, angesichts der zunehmenden Polarisierung zwischen den beiden dominierenden Parteien, offenkundig die Kraft fehle. Darüber könnte die Welt gelassener hinwegsehen, wären die USA nicht die führende Wirtschaftsmacht der Welt und Hüter der Weltleitwährung. (13.11.2023/alc/a/a)
Der Ausblick für das Land sei von "stabil" auf "negativ" gesetzt worden, wie die Ratingagentur am Freitag mitgeteilt habe. Angesichts hoher Zinsen und ohne Schritte zur Ausgabenkürzung oder Einnahmeerhöhung würde das US-Haushaltsdefizit wahrscheinlich "sehr hoch bleiben, was die Erschwinglichkeit der Schulden erheblich schwächt", habe es geheißen. Die Abwärtsrisiken für die fiskalische Stärke der USA hätten zugenommen und könnten möglicherweise nicht mehr vollständig durch die einzigartigen Kreditstärken des Landes ausgeglichen werden.
Vor allem wenn der Kongress gespalten sei, komme es immer wieder zu schwerwiegenden Konflikten. "Es droht ein Shutdown. Wird die Schwelle erreicht, dürfen keine weiteren Finanzierungen am Kapitalmarkt vorgenommen werden, auch nicht zur Deckung der Zinsverpflichtungen." Dadurch stünden die USA immer wieder vor einem zumindest "technischen" Zahlungsausfall. Aktuell sei die Schuldengrenze bis Januar 2025 ausgesetzt, wenn die nächste Wahlperiode oder Amtszeit des nächsten Präsidenten beginne. Derzeit könne sich die politische Klasse wieder nicht einigen. Wie kontraproduktiv diese Streitkultur geworden sei, zeige sich Viebig zufolge auch daran, dass die öffentlichen Finanzen aus dem Ruder laufen würden: Die Defizitquote liege regelmäßig über 5 Prozent. "Die Defizitquote könnte künftig noch steigen, wenn das Zinsniveau "höher für länger" bleibt", befürchte der Chefanlagestratege. Die Steuersenkungen von Biden-Vorgänger Trump, besonders die individuellen Steuern, würden Ende 2025 auslaufen. Würden sie verlängert oder in dauerhafte Steuersenkungen umgewandelt, könnten die Defizite nochmals höher ausfallen. "Auch die Schulden steigen kontinuierlich. Die Gesamtverschuldung des Bundeshaushalts liegt nach Angaben des US-Finanzministeriums bei rund 33,7 Billionen Dollar oder 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts", rechne Viebig vor.
Das Bizarre an diesen Konflikten sei, dass die Politiker um einen kleiner werdenden Spielraum streiten würden. "Nur rund 1,7 Billionen Dollar der insgesamt 6,4 Billionen Dollar Staatsausgaben sind Verfügungsmasse der Politiker. Der Rest teilt sich auf Zinsen und Ausgaben auf, zu denen der Staat gesetzlich verpflichtet ist, beispielsweise im Rahmen von Rentenzahlungen", stelle Viebig klar. Vor allem das Gewicht der Zinsen drücke immer mehr: Im Fiskaljahr 2023 habe die Bundesregierung 663 Milliarden Dollar Zinsen gezahlt. In neun Jahren, bis 2032, werde sich dieser Betrag nach CBO-Prognose auf 1,35 Billionen Dollar mehr als verdoppeln. Ein Ausweg aus dieser verfahrenen Situation sei nicht in Sicht. Notwendig wäre eine grundlegende Reform, zu der den USA, angesichts der zunehmenden Polarisierung zwischen den beiden dominierenden Parteien, offenkundig die Kraft fehle. Darüber könnte die Welt gelassener hinwegsehen, wären die USA nicht die führende Wirtschaftsmacht der Welt und Hüter der Weltleitwährung. (13.11.2023/alc/a/a)