Das Risiko für eine neue globale Finanzkrise ist derzeit gering


14.03.23 13:17
DONNER & REUSCHEL AG

Hamburg (www.anleihencheck.de) - Mit der historisch beispiellosen Zinswende vieler Notenbanken zur Eindämmung der explodierenden Inflationsraten im letzten Jahr und den deutlich gestiegenen Zinsen wurde ein neues Zinsregime eingeläutet., so Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL AG.

Nach den Null- und Negativzinsen würden sich Kapitalmärkte, die Finanzbranche, Unternehmen und ganze Volkswirtschaften nun an ein neues Regime mit steigenden bzw. stark erhöhten Teuerungsraten und anziehenden Zinsen gewöhnen. Der erste Anpassungsprozess habe 2022 in Form erheblicher Kursverluste in nahezu allen Anlageklassen stattgefunden. Mit etwas Verspätung und noch immer im Gang sei die Preisanpassung an den Immobilienmärkten gefolgt. Jetzt zeige sich, dass die vielschichtigen Wirkungskanäle der Zinswende auch einzelne Finanzinstitute in Schwierigkeiten bringen könnten, besonders wenn sie sich stark durch große Einlagen von vergleichsweise wenigen institutionellen Anlegern refinanzieren und auf der Investitionsseite ebenfalls wenig diversifiziert seien und hohe unrealisierte Verluste aufweisen würden. Aufgrund des speziellen Geschäftsmodells der Silicon-Valley-Bank (ISIN: US78486Q1013, WKN: A0ET46, Ticker-Symbol: SV4, NASDAQ-Symbol: SIVB) müsse grundsätzlich nicht mit einer Welle ähnlicher Fälle gerechnet werden. Allerdings dürfte es gerade unter US-Regionalbanken einige mit relativ hohen unrealisierten Verlusten geben - bspw. aus Investments in US-Staatsanleihen. Auch wenn deren Refinanzierung zumeist stärker von kleinteiligeren und damit besser diversifizierten Einlagen abhänge, sei die größte Gefahr ein allgemeiner Vertrauensverlust in das Bankensystem und daraus resultierend massive Abhebungen von Einlagen. Ein solcher Bank-Run könnte schnell auf andere Regionen und Volkswirtschaften überspringen. Umso wichtiger sei ein beherztes Eingreifen aller relevanten Akteure. Dazu würden - wie in den letzten Tagen auch geschehen - Regierungen, Regulierungsbehörden und Notenbanken sowohl in den USA als auch weltweit gehören, um Ansteckungseffekte zu verhindern und das Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu erhalten. So sei unter anderem:

- für die deutsche Zweigstelle der SVB, die kein Einlagengeschäft betreibe, ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot durch die BaFin ausgesprochen und der britische Ableger sei an die HSBC-Bank (ISIN: GB0005405286, WKN: 923893, Ticker-Symbol: HBC1, London Stock Exchange-Symbol: HSBA) verkauft worden.
- Die US-Notenbank FED stelle Banken in großem Ausmaß Liquidität zur Verfügung und auch die Bundesbank sowie die EZB hätten Krisenstäbe zur Beobachtung der Situation und eingerichtet.
- Die US-Regierung habe eine Garantie für alle Einlagen bei geschlossenen Banken ausgesprochen.
- Moody´s, eine der größten Rating-Agenturen weltweit, habe unterstrichen, dass etwa ein Drittel der von europäischen Banken gehaltenen Anleihen eine Laufzeit von weniger als zwei Jahren aufweise und daher künftig größere und stetigere Mittelzuflüsse zur Stabilität der Lage beitragen würden.

Auch wenn das Risiko bestehe, sei die Wahrscheinlichkeit für eine neue globale Finanzkrise daher derzeit gering. Fraglich sei allerdings, ob die Notenbanken vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen ihren weiteren Zinserhöhungszyklus anpassen würden, denn ihr bisheriger Fokus auf die Inflationsbekämpfung sei nicht weniger notwendig geworden, wie die in dieser Woche zur Veröffentlichung anstehenden Februar-Inflationsdaten in den USA unterstreichen dürften. Der Zinsentscheid der EZB am Donnerstag dürfte aus heutiger Sicht nicht beeinflusst werden, so dass eine Leitzinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte erwartet werden könne. (14.03.2023/alc/a/a)




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