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Rentenmärkte: Shutdown in Washington vorerst abgesagt
16.11.23 14:28
Hamburg Commercial Bank
Hamburg (www.anleihencheck.de) - Die Rentenmärkte erleben derzeit eine Phase hoher Volatilität, insbesondere bei den zehnjährigen Renditen von Staatsanleihen der USA und Deutschlands, so Dr. Tariq Chaudhry, Analyst der Hamburg Commercial Bank.
Die T-Notes würden aktuell bei 4,55% notieren, während die Bunds bei 2,65% lägen. Diese Renditen hätten besonders sensibel auf die in den USA - nach jüngsten Veröffentlichungen - langsamer als erwartet steigenden Inflationsraten reagiert, wobei die T-Notes sogar zeitweise um 20 Basispunkte auf 4,42% und die Bunds um 15 Basispunkte auf 4,57% gesunken seien. Die Marktteilnehmer scheinen anzunehmen, dass der Höhepunkt der Zinsniveaus in den USA und Deutschland nun tatsächlich erreicht sei.
In den USA habe zudem das von der Universität Michigan gemessene Verbrauchervertrauen den Rückgang der Renditen beeinflusst, während in Europa vor allem der Industrieoutput und die nach unten korrigierte BIP-Prognose für das laufende Jahr die Entwicklung beeinflusst hätten. Die zuletzt zu beobachtende Erholung der Renditen in den USA sei durch stagnierende Einzelhandelsumsätze und die vorerst abgewendete Schließung der US-Regierung unterstützt worden.
In Deutschland hätten überraschend positive ZEW-Konjunkturerwartungen und solide Außenhandelszahlen für die Eurozone zur Erholung beigetragen. Die Prognose gehe davon aus, dass der Leitzins der FED bereits ab Juni 2024 sinken werde, während die EZB-Leitzinsen voraussichtlich das Jahr 2024 über noch konstant bleiben dürften.
Die Veröffentlichung der US-Inflationszahlen für den Oktober hätten für Aufregung an den Märkten gesorgt: Analysten hätten einen Anstieg um 3,3% im Vergleich zum Vorjahresmonat erwartet, jedoch habe der tatsächliche Wert bei 3,2% gelegen. Dies markiere einen klaren Rückgang der Verbraucherpreisinflation im Vergleich zum September (3,7% YoY). Die Kerninflation habe im Jahresvergleich 4% betragen, während der Konsens bei 4,1% (September: 4,1%) gelegen habe, hauptsächlich bedingt durch etwa fünf Prozent niedrigere Benzinpreise im Vergleich zum Vormonat.
Die Marktreaktion sei deutlich gewesen, da einige Händler im Vorfeld auf einen leichten Anstieg der Monatsrate gesetzt hätten. Die Zahlen zum Verbrauchervertrauen der Universität Michigan hätten erheblich enttäuscht, mit einem unerwarteten Rückgang des Index von 63,8 auf 60,4. Etwas hoffnungsvoller habe hingegen die Betrachtung der Einzelhandelsumsätze gestimmt: Obwohl diese im Oktober leicht um 0,1% im Vormonatsvergleich zurückgegangen seien, seien der Rückgang weniger stark gewesen, als es die Konsensschätzung von -0,3% vorhergesagt habe. Auf Jahresbasis habe sich das Wachstum des Einzelhandels im Oktober auf 2,5% verlangsamt, verglichen mit einem nach oben korrigierten Wert von 4,1% im September.
Die Anleger dürften über das Abwenden eines Shutdowns der US-Regierung positiv überrascht gewesen sein. Am Freitag (17.11.) um Mitternacht hätte dieser eintreten können, wenn das US-Repräsentantenhaus keinen gemeinsamen Finanzierungsentwurf für den Haushalt gefunden hätte. Der zweistufige Vorschlag des neugewählten Sprechers des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, zur Zwischenfinanzierung sei mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit verabschiedet worden - mit 209 Stimmen der Demokraten und nur 127 der Republikaner. 93 Republikaner und zwei Demokraten hätten dagegen gestimmt.
Obwohl die meisten Gegner der Zwischenfinanzierung dem republikanischen Lager der Hardliner angehören würden, hätten sie bislang noch keine Absicht geäußert, Mike Johnson wegen seiner Zusammenarbeit mit den Demokraten aus dem Amt zu drängen - wie es seinem republikanischen Vorgänger McCarthy im Oktober nach einer ersten Zwischenfinanzierungslösung widerfahren gewesen sei. Damit sei zwar vorerst ein Shutdown abgewendet worden, aber der Streit sei nicht gelöst, sondern auf Anfang des nächsten Jahres verschoben - die Shutdown-Lunte als nur verlängert.
Die europäischen Industrieproduktionszahlen für September würden einen Rückgang um 1,1% im Vergleich zum Vormonat zeigen, nach einem vorherigen Wachstum um 0,6%. Dies übertreffe damit leicht die vorher erwartete Abnahme von 1%. Auf Jahresbasis sei die Industrietätigkeit um 6,9% geschrumpft, den stärksten Rückgang seit Juni 2020, und der neue Wert verlängere damit die Schrumpfungsreihe auf den siebten Monat in Folge. Die Herbstkonjunkturprognose der EU-Kommission habe für weitere Enttäuschung in Europa gesorgt, indem die erwartete Wachstumsrate für die Wirtschaft des Euroraums im Jahr 2023 auf 0,6% korrigiert worden sei und damit weniger als die zuvor prognostizierten 0,8%.
Diese Abwärtskorrektur werde auf das weiterhin hohe Inflationsniveau, gestiegene Zinssätze und die schwache Auslandsnachfrage zurückgeführt. Die Euroraum-BIP-Projektion für 2024 sei ebenfalls von der früheren Schätzung von 1,3% auf 1,2% nach unten korrigiert worden. Positiv seien jedoch die jüngsten Außenhandelszahlen für die Eurozone im September 2023 gewesen: Ein Handelsbilanzüberschuss von 10 Mrd. EUR sei verzeichnet worden, im Vergleich zu einem Defizit von 29,8 Mrd. EUR im Vorjahresmonat. Dies sei vor allem auf die Stabilisierung der Preise für Erdgas und andere wichtige Rohstoffimporte in den Währungsblock zurückzuführen.
Angesichts der abflauenden Konjunktur und der zurückgehenden Inflation sowohl in der Eurozone als auch den USA erwarte praktisch niemand mehr weitere Leitzinserhöhungen in diesem Jahr. Der Fokus richte sich nun auf das Jahr 2024, für das die Märkte erste Zinssenkungen der FED und der EZB für Juni prognostizieren würden. Die Analysten würden davon ausgehen, dass die FED voraussichtlich im Juni 2024 die erste Zinssenkung vornehmen werde, obwohl der US-Notenbank-Chef Jerome Powell betone, dass die Zentralbank weiterhin vorsichtig agieren werde. Daher werde die FED nicht zögern, die Politik notfalls weiter zu straffen, um die Inflation einzudämmen.
Für die EZB würden die Analysten davon ausgehen, dass die Zinsen im gesamten Jahr 2024 hoch bleiben würden und keine Zinssenkungsschritte zu erwarten seien. Diese klare Botschaft, die aus Frankfurt schon länger komme, sei jüngst vom Vizepräsidenten der EZB, Luis de Guindos, während einer Rede anlässlich der 26. "Frankfurt Euro Finance Week" bekräftigt worden: "Wir werden sicherstellen, dass unsere Leitzinsen so lange wie nötig auf einem ausreichend restriktiven Niveau bleiben."
Datenseitig würden morgen (17.11.) und am kommenden Dienstag (21.11.) Daten zum US-Häusermarkt für den Oktober veröffentlicht. Grundsätzlich seien diese Daten gute Indikatoren dafür, in welche Richtung sich die größte Volkswirtschaft der Welt bewege. Zudem würden Zahlen zu den Auftragseingängen der langlebigen Güter für den Oktober in den USA veröffentlicht. Am Donnerstag (23.11) würden dann die HCOB Flash Eurozone PMIs für den November und am Freitag (24.11) schließlich der ifo-Geschäftsklimaindex folgen. (16.11.2023/alc/a/a)
Die T-Notes würden aktuell bei 4,55% notieren, während die Bunds bei 2,65% lägen. Diese Renditen hätten besonders sensibel auf die in den USA - nach jüngsten Veröffentlichungen - langsamer als erwartet steigenden Inflationsraten reagiert, wobei die T-Notes sogar zeitweise um 20 Basispunkte auf 4,42% und die Bunds um 15 Basispunkte auf 4,57% gesunken seien. Die Marktteilnehmer scheinen anzunehmen, dass der Höhepunkt der Zinsniveaus in den USA und Deutschland nun tatsächlich erreicht sei.
In den USA habe zudem das von der Universität Michigan gemessene Verbrauchervertrauen den Rückgang der Renditen beeinflusst, während in Europa vor allem der Industrieoutput und die nach unten korrigierte BIP-Prognose für das laufende Jahr die Entwicklung beeinflusst hätten. Die zuletzt zu beobachtende Erholung der Renditen in den USA sei durch stagnierende Einzelhandelsumsätze und die vorerst abgewendete Schließung der US-Regierung unterstützt worden.
In Deutschland hätten überraschend positive ZEW-Konjunkturerwartungen und solide Außenhandelszahlen für die Eurozone zur Erholung beigetragen. Die Prognose gehe davon aus, dass der Leitzins der FED bereits ab Juni 2024 sinken werde, während die EZB-Leitzinsen voraussichtlich das Jahr 2024 über noch konstant bleiben dürften.
Die Veröffentlichung der US-Inflationszahlen für den Oktober hätten für Aufregung an den Märkten gesorgt: Analysten hätten einen Anstieg um 3,3% im Vergleich zum Vorjahresmonat erwartet, jedoch habe der tatsächliche Wert bei 3,2% gelegen. Dies markiere einen klaren Rückgang der Verbraucherpreisinflation im Vergleich zum September (3,7% YoY). Die Kerninflation habe im Jahresvergleich 4% betragen, während der Konsens bei 4,1% (September: 4,1%) gelegen habe, hauptsächlich bedingt durch etwa fünf Prozent niedrigere Benzinpreise im Vergleich zum Vormonat.
Die Marktreaktion sei deutlich gewesen, da einige Händler im Vorfeld auf einen leichten Anstieg der Monatsrate gesetzt hätten. Die Zahlen zum Verbrauchervertrauen der Universität Michigan hätten erheblich enttäuscht, mit einem unerwarteten Rückgang des Index von 63,8 auf 60,4. Etwas hoffnungsvoller habe hingegen die Betrachtung der Einzelhandelsumsätze gestimmt: Obwohl diese im Oktober leicht um 0,1% im Vormonatsvergleich zurückgegangen seien, seien der Rückgang weniger stark gewesen, als es die Konsensschätzung von -0,3% vorhergesagt habe. Auf Jahresbasis habe sich das Wachstum des Einzelhandels im Oktober auf 2,5% verlangsamt, verglichen mit einem nach oben korrigierten Wert von 4,1% im September.
Obwohl die meisten Gegner der Zwischenfinanzierung dem republikanischen Lager der Hardliner angehören würden, hätten sie bislang noch keine Absicht geäußert, Mike Johnson wegen seiner Zusammenarbeit mit den Demokraten aus dem Amt zu drängen - wie es seinem republikanischen Vorgänger McCarthy im Oktober nach einer ersten Zwischenfinanzierungslösung widerfahren gewesen sei. Damit sei zwar vorerst ein Shutdown abgewendet worden, aber der Streit sei nicht gelöst, sondern auf Anfang des nächsten Jahres verschoben - die Shutdown-Lunte als nur verlängert.
Die europäischen Industrieproduktionszahlen für September würden einen Rückgang um 1,1% im Vergleich zum Vormonat zeigen, nach einem vorherigen Wachstum um 0,6%. Dies übertreffe damit leicht die vorher erwartete Abnahme von 1%. Auf Jahresbasis sei die Industrietätigkeit um 6,9% geschrumpft, den stärksten Rückgang seit Juni 2020, und der neue Wert verlängere damit die Schrumpfungsreihe auf den siebten Monat in Folge. Die Herbstkonjunkturprognose der EU-Kommission habe für weitere Enttäuschung in Europa gesorgt, indem die erwartete Wachstumsrate für die Wirtschaft des Euroraums im Jahr 2023 auf 0,6% korrigiert worden sei und damit weniger als die zuvor prognostizierten 0,8%.
Diese Abwärtskorrektur werde auf das weiterhin hohe Inflationsniveau, gestiegene Zinssätze und die schwache Auslandsnachfrage zurückgeführt. Die Euroraum-BIP-Projektion für 2024 sei ebenfalls von der früheren Schätzung von 1,3% auf 1,2% nach unten korrigiert worden. Positiv seien jedoch die jüngsten Außenhandelszahlen für die Eurozone im September 2023 gewesen: Ein Handelsbilanzüberschuss von 10 Mrd. EUR sei verzeichnet worden, im Vergleich zu einem Defizit von 29,8 Mrd. EUR im Vorjahresmonat. Dies sei vor allem auf die Stabilisierung der Preise für Erdgas und andere wichtige Rohstoffimporte in den Währungsblock zurückzuführen.
Angesichts der abflauenden Konjunktur und der zurückgehenden Inflation sowohl in der Eurozone als auch den USA erwarte praktisch niemand mehr weitere Leitzinserhöhungen in diesem Jahr. Der Fokus richte sich nun auf das Jahr 2024, für das die Märkte erste Zinssenkungen der FED und der EZB für Juni prognostizieren würden. Die Analysten würden davon ausgehen, dass die FED voraussichtlich im Juni 2024 die erste Zinssenkung vornehmen werde, obwohl der US-Notenbank-Chef Jerome Powell betone, dass die Zentralbank weiterhin vorsichtig agieren werde. Daher werde die FED nicht zögern, die Politik notfalls weiter zu straffen, um die Inflation einzudämmen.
Für die EZB würden die Analysten davon ausgehen, dass die Zinsen im gesamten Jahr 2024 hoch bleiben würden und keine Zinssenkungsschritte zu erwarten seien. Diese klare Botschaft, die aus Frankfurt schon länger komme, sei jüngst vom Vizepräsidenten der EZB, Luis de Guindos, während einer Rede anlässlich der 26. "Frankfurt Euro Finance Week" bekräftigt worden: "Wir werden sicherstellen, dass unsere Leitzinsen so lange wie nötig auf einem ausreichend restriktiven Niveau bleiben."
Datenseitig würden morgen (17.11.) und am kommenden Dienstag (21.11.) Daten zum US-Häusermarkt für den Oktober veröffentlicht. Grundsätzlich seien diese Daten gute Indikatoren dafür, in welche Richtung sich die größte Volkswirtschaft der Welt bewege. Zudem würden Zahlen zu den Auftragseingängen der langlebigen Güter für den Oktober in den USA veröffentlicht. Am Donnerstag (23.11) würden dann die HCOB Flash Eurozone PMIs für den November und am Freitag (24.11) schließlich der ifo-Geschäftsklimaindex folgen. (16.11.2023/alc/a/a)