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Inversion der Renditekurve: Risikoanlagen könnten positiv reagieren


02.03.23 09:45
Aegon Asset Management

Baltimore (www.anleihencheck.de) - Die Umkehrung der Renditekurve hat noch nie versagt, eine Rezession vorauszusagen, so Debbie King, Multi-Asset-Investmentmanagerin bei Aegon Asset Management.

Doch werde sich das bald ändern? Wie könnten die Anlagemärkte - Rezession hin oder her - auf länger anhaltende Zinserhöhungen reagieren? In den letzten 70 Jahren sei jede Rezession auf eine anhaltende Inversion der Renditekurve von US-Schatzpapieren gefolgt, obwohl zwischen Inversion und Rezession in der Regel eine Zeitspanne von etwa ein bis zwei Jahren liege. Um die anhaltend hohe Inflation zu bekämpfen, habe die US-Notenbank im März 2022 mit einer aggressiven Zinserhöhung begonnen. Die jüngste Anhebung um 25 Basispunkte habe zu einer Gesamtstraffung von 450 Basispunkten in nur zehn Monaten beigetragen.

Das Ziel sei ein Inflationsrückgang, eine von der Zentralbank ausgelöste Rezession, wenn man so wolle, mit einer "weichen Landung" als Goldlöckchen-Szenario. Und natürlich sei eine inverse Renditekurve nicht immer ein Vorbote einer Rezession. In der Tat habe man Verständnis für das Argument, dass es "diesmal wirklich anders ist", da die Covid-Pandemie einzigartige inflationäre Umstände geschaffen habe.

Inflation sei gut für den Umsatz und so sei das nominale BIP nicht zusammengebrochen. Die Unternehmensergebnisse hätten sich angesichts des schnellsten Straffungszyklus seit mehr als vier Jahrzehnten als widerstandsfähig erwiesen.

Die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen der Zentralbanken habe die Inflationspanik unterdrückt und die Daten der langfristigen Inflationserhebungen hätten nie die 3%-Marke überschritten. Darüber hinaus hätten die seit mehreren Monaten überraschend günstigen US-Verbraucherpreisindices die These vom Inflationshöhepunkt untermauert. Wer könne es den Anlegern verdenken, die vom Chaos des Jahres 2022 angeschlagen und gezeichnet seien, dass sie sich auf diese Lichtblicke stürzen und an die Rally glauben würden.

Die makroökonomischen Aussichten würden problematisch bleiben. Trotz wachsender Erwartungen einer Pause im Zinserhöhungszyklus scheine die Entschlossenheit der Zentralbanken, die Inflation um jeden Preis zu bekämpfen, ungebrochen. Das werde das Wachstum belasten, denn eine Opposition gegen die Zentralbanken ende in der Regel nicht gut für die Anleger. Darüber hinaus würden die Zentralbanken auch mit einer quantitativen Straffung beginnen, um ihre Bilanzsummen nach zu vielen Jahren lockerer Geldpolitik zu verringern.

Die jüngsten Kommentare von Bailey, Lagarde und Powell, die alle optimistisch seien, dass die Wende in der Inflationsentwicklung geschafft sei, hätten die Stimmung aufgehellt. Aber es sei die Deflation, die den Rückgang verursache.

Der anhaltende Lohndruck, der sich wiederum in einer stärkeren Dienstleistungsinflation niederschlage, sei nach wie vor sehr hoch. Nur Wenige hätten den Anstieg der Inflation richtig eingeschätzt. Wie sie zurückgehe, sei möglicherweise ebenso ungewiss. Der Kurs der Zentralbank bleibe unklar und werde von den eintreffenden Daten abhängen.

Leider würden die Zentralbanken versuchen, die Inflation mit einem geldpolitischen Instrument in den Griff zu bekommen, das die eigentlichen Ursachen nicht bekämpfen könne. Es handle sich um ein stumpfes Instrument mit einer zeitlich verzögerten Wirkung in der Realwirtschaft, sodass die Experten erwarten würden, dass restriktive reale Leitzinsen die Wirtschaftstätigkeit in den nächsten Quartalen bremsen würden.

Darüber hinaus sei mit Volatilität zu rechnen, wenn die Auswirkungen einer schnellen Straffung deutlicher würden. Im Unternehmenssektor würden Wachstumseinbrüche in der Regel auf Zinserhöhungen folgen, wobei die Multiplikatoren in der Regel ihren Tiefpunkt erreichen würden, bevor die Gewinne einbrechen würden.

Die Streuung in den einzelnen Sektoren sei beträchtlich, aber viele müssten noch höhere Realrenditen einpreisen und die Konsenserwartungen würden nicht von einem bedeutenden Rückgang der Margen gegenüber dem hohen Niveau ausgehen. Auf der Verbraucherseite hätten die inländischen Ersparnisse einen Puffer gebildet, aber diese würden stetig abnehmen und die Ausgaben für Kredite steigen, da die Krise der Lebenshaltungskosten zu spüren sei.

Die angespannte Lage auf den Arbeitsmärkten werde oft als Grund dafür angeführt, dass eine Rezession vermieden werde, aber möglicherweise würden dadurch die Rezessionsrisiken nur aufgeschoben oder verschleiert, nicht aber beseitigt. Die Diskrepanz zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot konzentriere sich auf einige wenige Sektoren und sei nicht breit gefächert, während gleichzeitige Trends wie die abnehmenden Arbeitsstunden auf eine bevorstehende Schwäche hindeuten würden.

In vergangenen Zeiten der Unsicherheit seien die Risikomärkte durch den 40-jährigen Aufschwung der Anleihenmärkte gestützt worden. Das sei nun vorbei.

Es beginne eine neue Ära, in der Entscheidungen über die Vermögensallokation nicht nur davon beeinflusst würden, wie schnell eine Rezession komme und gehe, sondern auch davon, welche zusätzlichen Risikoprämien in einer Welt strukturell höherer und vielleicht weniger vorhersehbarer "risikofreier" Vermögenswerte erforderlich seien.

Fest stehe, dass die Renditen von Staatsanleihen wieder gestiegen sind und höhere Renditen auf allen Märkten ein höheres Risiko widerspiegeln würden. Risikobehaftete Vermögenswerte seien jedoch nicht in demselben Maße neu bewertet worden wie risikofreie: Die Aktienrenditen seien auf das Niveau vor der Krise gestiegen, aber die Überschussrendite von Aktien gegenüber Anleihen sei zurückgegangen und habe sich umgekehrt, wodurch sich die relativen Präferenzen der Anleger geändert hätten.

Die Kreditspreads hätten sich ausgeweitet, aber die jüngste Rückbildung habe eine Rezession und einen Ausfallzyklus effektiv ausgepreist. Trotzdem seien die Gesamtrenditen wichtiger als die einzelnen Bestandteile und so attraktiv wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Das Momentum deute darauf hin, dass mehr Geld in die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere fließen werde und das begrenzte Angebot angesichts der starken Nachfrage bedeute, dass die technischen Aspekte auf der Seite der Anleger lägen (auch wenn das schnelle Geld bereits gemacht worden sei).

"Unserer Einschätzung der Risiken nach ist eine sinnvolle Allokation in defensivere festverzinsliche Anlagen gerechtfertigt", so Debbie King. Sollte die Inflation nachlassen und die Zinsen sich stabilisieren (oder sogar fallen), ohne dass es zu einem tiefen wirtschaftlichen Abschwung komme, könnten Risikoanlagen positiv reagieren. (02.03.2023/alc/a/a)