Instrumentarium der Notenbanken gegen die Inflation begrenzt


04.09.23 11:34
fairesearch

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Hartnäckig hält sich die Inflation in den Sommermonaten 2023 in der ganzen Welt auf erhöhtem Niveau, so Dr. Eberhardt Unger von "fairesearch".

In Deutschland sei die jährliche Teuerungsrate im August lediglich auf 6,1% nach im Juli 6,2% gesunken. In der Eurozone habe sie bei 5,3% verharrt. In den USA liege sie bei 3,2%, also überall deutlich oberhalb der Marke von 2%, die die Notenbanken als Ziel für die Preisstabilität gesetzt hätten. Doch was bleibe den Zentralbanken zu tun? Die Leitzinsen noch weiter erhöhen, werde als gefährlich für den Konjunkturverlauf angesehen, wie es die Konferenz der Präsidenten der Notenbanken in Jackson Hole letzte Woche gezeigt habe.

Die Teuerung werde hauptsächlich durch die gestiegenen Preise für Nahrungsmittel und Energie verursacht. Die Energiepreise hätten sich zwar in den vergangenen Monaten wieder abgeschwächt, lägen jedoch immer noch oberhalb des Niveaus vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Doch gegen Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln und Energie sei die Geldpolitik machtlos. Auch die weiteren Perspektiven für diese Bereiche seien nicht sehr optimistisch. In weiten Teilen der Welt herrsche Hungersnot. Die schnell wachsende Zahl der Weltbevölkerung scheine schwer zu ernähren. Und bei der Energie gelte wegen der Klimaveränderung unbedingt der Zwang, sich von den fossilen Energieträgern zugunsten der erneuerbaren zu trennen. Das aber sei mit höheren Kosten verbunden, die sich wieder auf die Inflationsrate auswirken würden.

Was rate die Wissenschaft in einer solchen Lage? Es komme nicht nur auf die Höhe der Leitzinsen an, wichtig sei auch das Geldvolumen, bzw. die Überschussliquidität. Diese stelle sich ein, wenn mehr Geld - oder Liquidität - im gesamten Bankensystem vorhanden sei als eigentlich notwendig. Dies werde als "Überschussliquidität" bezeichnet. Sie sei zwar gemessen in der prozentualen Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr gesunken, aber dennoch immer noch überhöht und stamme aus dem Programm der FED und der EZB zum Ankauf von Vermögenswerten, mit dem die Geldpolitik zu einem Zeitpunkt, als praktisch kein Spielraum mehr für Zinssenkungen bestanden habe, weiter gelockert worden sei. Dies habe zu einem weiteren Anstieg der Überschussliquidität geführt.

Der amerikanische Volkswirt Irving Fisher (1867 - 1947) sei für eine ganze Reihe wirtschaftswissenschaftlicher Gleichungen berühmt geworden. Nach seiner Quantitätsgleichung sei die in einem Jahr umgesetzte Geldmenge M multipliziert mit der Geldumlaufgeschwindigkeit V gleich der Produktion von Gütern und Leistungen Y multipliziert mit der Teuerungsrate P. Somit: M x V = Y x P. Die monetäre Seite einer Volkswirtschaft spiegele sich in der fundamentalen. Danach seien Geldmenge M und Geldumlaufgeschwindigkeit V direkt proportional zu den konjunkturellen Aktivitäten einer Volkswirtschaft.

Mit der Änderung der Geldpolitik auf einen restriktiveren Kurs mit steigenden Leitzinsen im Jahr 2021 sei das Geldvolumen erneut gefallen, doch die Umlaufgeschwindigkeit (velocity) wieder gestiegen. Die Wirtschaft in diesem Jahr gleite in eine Rezession. Jetzt müsste M x V wieder steigen. Doch dafür sei die Teuerungsrate P noch zu hoch. Die Geldpolitik solle als Allheilmittel die Konjunktur wieder ankurbeln. Doch das Instrumentarium der Geldpolitik bleibe begrenzt wegen der hartnäckig hohen Inflationsrate.

In der Eurozone sei die Entwicklung von M3 ganz ähnlich wie in den USA. Auch hier spiegele sich im Geldmengenwachstum die Geldpolitik wider. Sie sei zurzeit restriktiv ausgerichtet, aber die Überschussgeldmenge sei bislang nicht abgebaut. Dies könnte aber ein Abbau von Wertpapierbeständen bewirken.

Folgerung: Noch müssten sich die Finanzmärkte gedulden, bis eine Änderung der Geldpolitik hin zu einem expansiveren Kurs zu erwarten sei. Die gegenwärtige Renditenstrukturkurve sei noch immer leicht invers, der Realzins negativ. Kurzfristige Geldmarktanlagen würden sich eignen, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Anleger in Edelmetallen würden weiter engagiert bleiben. (Ausgabe vom 02.09.2023) (04.09.2023/alc/a/a)