Inflationsraten sinken nur noch geringfügig


05.09.23 09:15
St.Galler Kantonalbank Dtld.

München (www.anleihencheck.de) - Die Zinserhöhungen der letzten Monate wurden in einer historischen Geschwindigkeit umgesetzt, so Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG.

Der Markt sehe das Ende jedoch bald erreicht. Im langjährigen Verlauf des EZB-Leitzinses und der Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihen sei eine sehr hohe Korrelation erkennbar. Grundsätzlich seien die Marktzinsen gegenüber dem Leitzins vorlaufend, da sie die Markterwartung schnell einpreisen würden. In der historischen Betrachtung seien die Höchststände der Renditen bei 10-jährigen Bundesanleihen stets vor den Höchstständen des Leitzinses erreicht worden. Rückwirkend betrachtet, folge dann ein längerer Abwärtstrend der Renditen, sinkende Zinsen und steigende Anleihekurse.

Das aktuelle Marktumfeld sei insgesamt von enttäuschenden Frühindikatoren geprägt, die allesamt auf eine schwächelnde Wirtschaftsentwicklung hindeuten würden. Ein ähnliches Bild zeichne auch die bisher robuste US-Wirtschaft, die sich nun abzukühlen scheine. So habe das US-Verbrauchervertrauen vergangene Woche mit 106 Punkten deutlich unter den Erwartungen von 116 - nach 114 Punkten im Vormonat gelegen - und der US-Arbeitsmarktbericht sei ohne Überraschungen geblieben: Die neu geschaffenen Stellen hätten mit 187.000 leicht über den Erwartungen gelegen (170.000), der Lohnanstieg sei erwartungsgemäß von 4,4 auf 4,3 Prozent gefallen und die Arbeitslosenquote sei leicht gestiegen, von 3,5 auf 3,8 Prozent. Einzig der Chicago Einkaufmanagerindex habe mit 48,7 Punkten positiv überrascht - nach 42,8 Punkten im Vormonat und erwarteten 44 Punkten.

Mit Blick auf den US-Rentenmarkt habe die Rendite für 10-jährige US-Treasury das Hoch aus dem Herbst 2022 wieder erreicht. Die Marke von 4,3 Prozent habe eine hohe Bedeutung für die Kapitalmärkte: Weiter steigende US-Zinsen würden den Aktienmarkt "in die Knie zwingen", den USD begünstigen und Gold, Rohstoffe sowie Emerging Markets belasten. Da die wichtige Marke von 4,3 Prozent bisher nicht überschritten worden sei, zeichne sich kurzfristig eine Entspannung an den US-Rentenmärkten ab.

Auch der Sektor "Erneuerbare Energien" bleibe weiter unter Druck: Auf der einen Seite der Kupferhersteller Aurubis, der nach eigenen Angaben erneut um einen dreistelligen Millionenbetrag bestohlen worden sei. Auf der anderen Seite Siemens Energy - mit einem Quartalsverlust von fast 3 Milliarden Euro - und der dänische Energieanbieter Ørsted, dessen Abwärtstrend die Titel der gesamten Branche belaste. Zwar hätten sich Windkraftkonzerne - wie Nordex und Vestas - aus der Krise gekämpft, die Hersteller würden jedoch weiter in den roten Zahlen bleiben. Fazit sei, dass der positive strukturelle Trend "Dekarbonisierung" aufgrund häufiger Probleme im operativen Geschäft, Qualitätsproblemen gegenüberstehe, was zu hohen Kosten und niedrigen Margen führe und die Rentabilität im Sektor Erneuerbare Energien insgesamt niedrig bleibe.

Die Inflationsraten würden nicht mehr deutlich, sondern nur noch geringfügig sinken: Die Inflation in der Eurozone bleibe unverändert bei 5,3 Prozent und enttäusche, da ein Rückgang auf 5,1 Prozent erwartet worden sei. Die Kerninflation entwickele sich erwartungsgemäß von 5,5 auf 5,3 Prozent. Die Konsolidierung an den Aktienmärkten laufe seit Anfang August und die ungünstige Saisonalität bleibe noch einige Wochen erhalten - mit September, als statistisch betrachtet dem schwächsten Börsenmonat. (05.09.2023/alc/a/a)