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Inflationsausblick für die Industrienationen eingetrübt
13.03.23 09:00
National-Bank AG
Essen (www.anleihencheck.de) - Der Inflationsausblick für die Industrienationen hat sich eingetrübt, berichten die Analysten der National-Bank AG.
In der Summe sei der Disinflationsprozess in den USA zuletzt nicht so gradlinig verlaufen, wie zunächst zu hoffen gestanden habe: Zum einen hätten sich die annualisierten Verlaufsraten vieler Zeitreihen weniger strikt rückläufig gezeigt, als in den letzten sechs Monaten. Vor allem die Daten aus dem Dienstleistungssektor hätten hier darauf verwiesen, dass die Aufwärtsdynamik der Preise noch nicht nachhaltig gebrochen sei. Die kumulierten Effekte seien enorm, da die Extrapolation der zugrunde liegenden Trends gerade im Umfeld der Wendepunkte enorme Unterschiede aufweisen könne - mit anderen Worten: Auf den aktuellen Niveaus führe eine Verflachung des Disinflationstrends gegebenenfalls zu enormen zeitlichen Verzögerungen, was die Erreichung der Notenbankziele anbelange. Insgesamt sei dies an den Wendepunkten aber ein normaler Prozess, die Daten insgesamt würden, was die Abwärtsdynamik anbelange, auch weiterhin kompatibel mit einer zügigen Disinflation bzw. für die FED tolerablen Inflationsdynamiken im kommenden Jahr bleiben.
Das derzeitige Hauptproblem liege daher aus Sicht der Analysten der National-Bank AG vor allem in dem weiterhin angespannten Arbeitsmarkt: Setze hier alsbald keine Entspannung ein, gerate das 2024er Inflationsziel der FED in der Tat in Gefahr. Folglich habe Chairman Powell angesichts einer ungebrochen hohen Anspannung des Arbeitsmarktes zuletzt zu Recht sein Wording verschärft.
Aus Sicht der Analysten der National-Bank AG sei die Wende am US-Arbeitsmarkt aber unterwegs: Es bleibe unwahrscheinlich, dass die Covid-bedingten Strukturbrüche am Arbeitsmarkt nicht sukzessive aufgelöst werden könnten. Insofern gelte es, die jeweils jüngsten Datenpunkte genau zu analysieren, was mit Blick auf die bislang lediglich zarten Ansätze einer Entspannung noch zu erheblichen Volatilitäten führen dürfte. Die Daten würden aus Sicht der Analysten der National-Bank AG aber unverändert darauf verweisen, dass sich der Nachfrageüberhang an den Arbeitsmärkten zur Jahresmitte spürbar ermäßigt haben sollte. Darauf würden auch etwa die bereits seit über einem halben Jahr rückläufige Lohndynamik sowie einige alternative Zeitreihen jenseits der offiziellen Datensätze zur Beschäftigungsentwicklung verweisen.
Im Ergebnis sei FED-Chef-Powell allerdings zuzustimmen, dass die Risiken für den exakten Disinflationspfad weiter hoch bleiben würden. Die FED werde also die kommenden Datenpunkte umso stärker auf die Goldwaage legen müssen, insofern als dass jede Verzögerung - zumal auf den sehr hohen aktuellen Inflationsniveaus - eine enorme Hebelwirkung für den weiteren Inflationspfad habe. Umgekehrt gelte aber natürlich auch, dass Entspannungssignale insbesondere vom Arbeitsmarkt schnell wieder eine gänzlich andere Lage erzeugen können: Nach wie vor arbeite die Zeit für eine Erhöhung des Arbeitsangebotes in den USA, die Summe der vorlaufenden Daten spreche klar dafür, dass das Abwärtsmomentum bei den Preisen erheblich bleibe. So sei etwa der annualisierte Kernpreistrend bei den Produzentenpreisen zuletzt auf null gesunken, eine enorme Disinflationsentwicklung vom Hochpunkt bei rund 25%.
In der Eurozone habe der Disinflationsprozess derweil noch nicht einmal begonnen - derzeit deute vieles darauf, dass die EZB-Ratsmitglieder - und darunter eben auch die Tauben, die grundsätzlich eine lockere Geldpolitik befürworten würden - insbesondere die Kerninflation und die Lohnentwicklung im Blick hätten. Beide würden derzeit keinerlei Entwarnungssignale geben. Die Kernteuerung dürfte wenigstens bis zur Jahresmitte extrem hoch bleiben und auch die Tariflöhne würden 2023 voraussichtlich spürbar steigen. Der Inflationsdruck sei also noch nicht gebrochen. Grundsätzlich sprächen auch die geringere preisliche Flexibilität und die wesentlich ausgeprägteren Systeme der sozialen Sicherung in Kombination mit der relativ hohen Auslastung an den europäischen Arbeitsmärkten für eine zumindest höhere Persistenz der Inflationsimpulse.
Wie von den Analysten der National-Bank AG erwartet, nutze die EZB zudem die quantitative Dimension ihrer Geldpolitik, um die Wirtschaft gerade der strukturschwachen Länder zu stützen. Dies konterkariere ihren Antiinflationskurs bei den etablierten geldpolitischen Instrumenten, die derweil falkenhaft in Szene gesetzt werden könnten. Auf der anderen Seite seien die konjunkturellen Perspektiven aber wie geschildert hierzulande möglicherweise auf Dauer so schwach, dass dies schneller als gedacht preisdämpfende Wirkungen zeitigen könnte: Mit Blick auf die Entwicklung in Europa könnten die März-Daten nunmehr durchaus erste Abwärtsüberraschungen enthalten - das exakte Timing bleibe aber naturgemäß anspruchsvoll: Bis zur Jahresmitte sollten auch die europäischen Kernraten erste Abkühlungssignale der Preisdynamik aufweisen. Im obigen Szenario könnte sich die EZB perspektivisch damit konfrontiert sehen, dass eine immer stärker global getriebene Disinflation zum Jahreswechsel 2023/2024 die Eurozone erreiche, während gleichzeitig die Perspektive einer Dauerstagnation sukzessive Platz greife und zum Frühjahr 2024 dann auch auf den europäischen Arbeitsmärkten sichtbar werde.
Mit Blick auf die geschilderte Entwicklung sähen die Analysten der National-Bank AG den Hochpunkt der FED-Funds nunmehr bei 5,5%, wobei naturgemäß signifikante Aufwärtsrisiken verbleiben würden. Die Projektionen für die EZB-Sätze würden die Analysten der National-Bank AG ebenfalls um 25 Basispunkte auf Werte um 3,75% für den Hauptrefinanzierungssatz erhöhen, auch wenn die Projektion mit Blick auf den immer bedenklicheren konjunkturellen Ausblick immer unsicherer werde. Solange die EZB aber noch so wenige Informationen bezüglich des weiteren Inflationsverlaufes habe, werde sie die Leitzinssätze im Zweifel eher weiter anheben.
Mit Blick auf den üblichen Vorlauf der US-Wirtschaft vor der europäischen Konjunktur komme es also zukünftig vor allem darauf an, wie schnell die EZB der FED folgen werde und könne. Form und Lage der europäischen Zinsstrukturkurve würden dabei auch eine Funktion des Disinflationsprozesses vor allem in der zweiten Jahreshälfte des laufenden Jahres in Europa sein: Je zäher dieser werde, desto flacher dürfte die Kurve in Europa verlaufen und umgekehrt. Auf Jahressicht würden die Analysten der National-Bank AG die Renditen für die 10-jährigen Bundesanleihen nunmehr auf rund 2,2% taxieren, die Projektionen für die US-amerikanischen 10-jährigen Benchmark-Sätze würden sie ebenfalls wieder auf Werte um 3,6% auf Sicht der nächsten zwölf Monate erhöhen. (Ausgabe vom 10.03.2023) (13.03.2023/alc/a/a)
In der Summe sei der Disinflationsprozess in den USA zuletzt nicht so gradlinig verlaufen, wie zunächst zu hoffen gestanden habe: Zum einen hätten sich die annualisierten Verlaufsraten vieler Zeitreihen weniger strikt rückläufig gezeigt, als in den letzten sechs Monaten. Vor allem die Daten aus dem Dienstleistungssektor hätten hier darauf verwiesen, dass die Aufwärtsdynamik der Preise noch nicht nachhaltig gebrochen sei. Die kumulierten Effekte seien enorm, da die Extrapolation der zugrunde liegenden Trends gerade im Umfeld der Wendepunkte enorme Unterschiede aufweisen könne - mit anderen Worten: Auf den aktuellen Niveaus führe eine Verflachung des Disinflationstrends gegebenenfalls zu enormen zeitlichen Verzögerungen, was die Erreichung der Notenbankziele anbelange. Insgesamt sei dies an den Wendepunkten aber ein normaler Prozess, die Daten insgesamt würden, was die Abwärtsdynamik anbelange, auch weiterhin kompatibel mit einer zügigen Disinflation bzw. für die FED tolerablen Inflationsdynamiken im kommenden Jahr bleiben.
Das derzeitige Hauptproblem liege daher aus Sicht der Analysten der National-Bank AG vor allem in dem weiterhin angespannten Arbeitsmarkt: Setze hier alsbald keine Entspannung ein, gerate das 2024er Inflationsziel der FED in der Tat in Gefahr. Folglich habe Chairman Powell angesichts einer ungebrochen hohen Anspannung des Arbeitsmarktes zuletzt zu Recht sein Wording verschärft.
Aus Sicht der Analysten der National-Bank AG sei die Wende am US-Arbeitsmarkt aber unterwegs: Es bleibe unwahrscheinlich, dass die Covid-bedingten Strukturbrüche am Arbeitsmarkt nicht sukzessive aufgelöst werden könnten. Insofern gelte es, die jeweils jüngsten Datenpunkte genau zu analysieren, was mit Blick auf die bislang lediglich zarten Ansätze einer Entspannung noch zu erheblichen Volatilitäten führen dürfte. Die Daten würden aus Sicht der Analysten der National-Bank AG aber unverändert darauf verweisen, dass sich der Nachfrageüberhang an den Arbeitsmärkten zur Jahresmitte spürbar ermäßigt haben sollte. Darauf würden auch etwa die bereits seit über einem halben Jahr rückläufige Lohndynamik sowie einige alternative Zeitreihen jenseits der offiziellen Datensätze zur Beschäftigungsentwicklung verweisen.
In der Eurozone habe der Disinflationsprozess derweil noch nicht einmal begonnen - derzeit deute vieles darauf, dass die EZB-Ratsmitglieder - und darunter eben auch die Tauben, die grundsätzlich eine lockere Geldpolitik befürworten würden - insbesondere die Kerninflation und die Lohnentwicklung im Blick hätten. Beide würden derzeit keinerlei Entwarnungssignale geben. Die Kernteuerung dürfte wenigstens bis zur Jahresmitte extrem hoch bleiben und auch die Tariflöhne würden 2023 voraussichtlich spürbar steigen. Der Inflationsdruck sei also noch nicht gebrochen. Grundsätzlich sprächen auch die geringere preisliche Flexibilität und die wesentlich ausgeprägteren Systeme der sozialen Sicherung in Kombination mit der relativ hohen Auslastung an den europäischen Arbeitsmärkten für eine zumindest höhere Persistenz der Inflationsimpulse.
Wie von den Analysten der National-Bank AG erwartet, nutze die EZB zudem die quantitative Dimension ihrer Geldpolitik, um die Wirtschaft gerade der strukturschwachen Länder zu stützen. Dies konterkariere ihren Antiinflationskurs bei den etablierten geldpolitischen Instrumenten, die derweil falkenhaft in Szene gesetzt werden könnten. Auf der anderen Seite seien die konjunkturellen Perspektiven aber wie geschildert hierzulande möglicherweise auf Dauer so schwach, dass dies schneller als gedacht preisdämpfende Wirkungen zeitigen könnte: Mit Blick auf die Entwicklung in Europa könnten die März-Daten nunmehr durchaus erste Abwärtsüberraschungen enthalten - das exakte Timing bleibe aber naturgemäß anspruchsvoll: Bis zur Jahresmitte sollten auch die europäischen Kernraten erste Abkühlungssignale der Preisdynamik aufweisen. Im obigen Szenario könnte sich die EZB perspektivisch damit konfrontiert sehen, dass eine immer stärker global getriebene Disinflation zum Jahreswechsel 2023/2024 die Eurozone erreiche, während gleichzeitig die Perspektive einer Dauerstagnation sukzessive Platz greife und zum Frühjahr 2024 dann auch auf den europäischen Arbeitsmärkten sichtbar werde.
Mit Blick auf die geschilderte Entwicklung sähen die Analysten der National-Bank AG den Hochpunkt der FED-Funds nunmehr bei 5,5%, wobei naturgemäß signifikante Aufwärtsrisiken verbleiben würden. Die Projektionen für die EZB-Sätze würden die Analysten der National-Bank AG ebenfalls um 25 Basispunkte auf Werte um 3,75% für den Hauptrefinanzierungssatz erhöhen, auch wenn die Projektion mit Blick auf den immer bedenklicheren konjunkturellen Ausblick immer unsicherer werde. Solange die EZB aber noch so wenige Informationen bezüglich des weiteren Inflationsverlaufes habe, werde sie die Leitzinssätze im Zweifel eher weiter anheben.
Mit Blick auf den üblichen Vorlauf der US-Wirtschaft vor der europäischen Konjunktur komme es also zukünftig vor allem darauf an, wie schnell die EZB der FED folgen werde und könne. Form und Lage der europäischen Zinsstrukturkurve würden dabei auch eine Funktion des Disinflationsprozesses vor allem in der zweiten Jahreshälfte des laufenden Jahres in Europa sein: Je zäher dieser werde, desto flacher dürfte die Kurve in Europa verlaufen und umgekehrt. Auf Jahressicht würden die Analysten der National-Bank AG die Renditen für die 10-jährigen Bundesanleihen nunmehr auf rund 2,2% taxieren, die Projektionen für die US-amerikanischen 10-jährigen Benchmark-Sätze würden sie ebenfalls wieder auf Werte um 3,6% auf Sicht der nächsten zwölf Monate erhöhen. (Ausgabe vom 10.03.2023) (13.03.2023/alc/a/a)
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29.03.23
, Degroof Petercam
"Inflation war gestern"