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High Yield Anleihen: Genießen, solange es geht


16.05.23 11:40
ROBECO

Rotterdam (www.anleihencheck.de) - Trotz ihres anhaltenden Bewertungsvorteils gegenüber Aktien sind High-Yield-Credits derzeit ein riskantes Vergnügen, da sich das Finanzierungsumfeld eintrübt und eine Rezession in greifbarer Nähe ist, meint Robecos Multi-Asset-Investorin Aliki Rouffiac.

Die Portfoliomanagerin des Robeco Sustainable Multi-Asset Solutions mahne zum vorsichtigeren Vorgehen mit einer Umschichtung zugunsten eines höherwertigen Bereichs des Hochzinsspektrums.

Anleger würden sich einem sehr unsicheren wirtschaftlichen Umfeld gegenübersehen. Dabei hängen die Möglichkeiten zur Erzielung von Alpha oder zur Diversifikation zunehmend davon ab, in welcher Phase des aktuellen Zyklus wir uns befinden, so die Experten von Robeco. Riskante Assets hätten sich im bisherigen Verlauf des Jahres 2023 gut entwickelt. Dabei hätten die im Vorjahr noch von Anlegern abgestraften High-Yield-Anleihen einen ähnlichen Ertrag pro Risikoeinheit eingebracht wie globale Aktien. Allerdings würden die Experten auch sehen: Aufgrund der jüngsten Wertzuwächse seien High-Yield-Anleihen derzeit angemessen bewertet. Dies lasse weniger Spielraum für künftige Erträge durch eine Einengung der Spreads oder zum Ausgleich des Risikos einer vielfach erwarteten Rezession.

Tatsächlich würden High-Yield-Anleihen im Vergleich zu Aktien immer noch eine attraktive Bewertung aufweisen. Wenn man also die Rezessionsrisiken gelassen sehe, würden sie nach wie vor Chancen bieten. So betrage die historisch hohe Differenz zwischen der Rendite des globalen Hochzinsindex und der globalen Aktienrendite derzeit 3,3 Prozentpunkte. Damit liege sie über dem langfristigen Durchschnitt von 2,7 Prozentpunkten und weit über dem Durchschnittswert von 0,8 Prozentpunkten in den Jahren 2010 bis 2023.

Die Marktbewertungen würden sehr unterschiedliche Szenarien unterstellen. So würden die Renditeerwartungen und die Korrelationen zwischen riskanten und "risikofreien" Assets je nach Sichtweise entweder Selbstzufriedenheit oder die Erwartung einer bevorstehenden Rezession widerspiegeln.

Während sich einer der steilsten und schnellsten Zinsanhebungszyklen dem Ende zuneige, würde man erwarten, dass sich an den Märkten ein klarerer und einheitlicherer Ausblick abzeichne. Doch die seit Jahresbeginn auf eine gewisse Spanne begrenzte Entwicklung habe kaum entsprechende Anhaltspunkte geliefert.

Die Erwartungen bezüglich der Leitzinsentwicklung würden auf Zinssenkungen ab dem dritten Quartal des laufenden Jahres hindeuten. Dies spreche dafür, dass eine Rezession nicht mehr in allzu weiter Ferne liege. Andererseits müsse an den Märkten für Aktien und Unternehmensanleihen die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Jahr 2023 erst noch eingepreist werden. Die aktuellen Spreads würden Ausfallraten in der Nähe des historischen Durchschnittsniveaus entsprechen. Gleichzeitig würden die Bewertungen globaler Aktien unterstellen, dass die Unternehmensgewinne robust bleiben und sich über den Niveaus halten würden, die vor einer Rezession zu erwarten wären.

Bei der Suche nach Hinweisen in den jüngsten Makrodaten stoße man unweigerlich auf den Widerspruch zwischen dem Stand der Arbeitslosigkeit in den USA und den Konjunkturindikatoren. In der Vergangenheit habe ein Stand des US ISM Manufacturing-Index unterhalb von 50 auf eine Schrumpfung der Wirtschaft hingedeutet. Damit würde typischerweise eine Arbeitslosenquote von mindestens 6 Prozent einhergehen, außerdem ein steigendes Rezessionsrisiko. Allerdings stehe ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf mehr als 3,7 Prozent noch aus, obwohl der ISM-Index seit November 2022 unter der Marke von 50 liege.

Es sei offensichtlich, dass die robuste Verfassung des Arbeitsmarkts für ein günstigeres Konjunkturumfeld gesorgt habe, in dem die Zahlungsausfälle von Unternehmen unter ihrem historischen Durchschnitt geblieben seien.

Das sei trotz des deutlichen Anstiegs der Finanzierungskosten im Zuge der anhaltenden Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken der Fall. Ungünstigere Kreditvergabebedingungen für Gewerbe- und Industriekredite an große und mittlere Unternehmen in den USA - ein Frühindikator für die künftigen Ausfallraten - würden darauf hindeuten, dass höhere Ausfallquoten wahrscheinlicher würden.

Um das in den richtigen Kontext zu bringen: Wenn die Arbeitslosenquote in den nächsten zwölf Monaten auf 6 Prozent ansteige, sei mit einem Anstieg der Ausfallraten auf 8 Prozent und einer Ausweitung der Spreads auf 800 bis 1.000 Basispunkte zu rechnen.

Dies wäre kein gutes Vorzeichen für High-Yield-Anleihen, und die derzeitigen Spreads von 550 Basispunkten (bei globalen High-Yield-Anleihen) seien für den Fall einer Rezession nicht ausreichend. Dessen ungeachtet bleibe im US-High-Yield-Segment der Verschuldungsgrad vorerst noch niedrig und die Zinsdeckungsquote hoch. Das wiederum deute darauf hin, dass eine fundamental solide Bonität ein Umfeld mit geringen Zahlungsausfällen begünstige.

Ob es einem gefalle oder nicht: High-Yield-Anleihen seien derzeit aus Bewertungssicht eine bessere Alternative zu Aktien. Allerdings habe das asymmetrische Risiko, das mit dem Halten dieses Assets in der Spätphase des Zyklus verbunden sei, die Opportunitätskosten für Multi-Asset-Anleger erhöht.

Die jüngste Entwicklung spreche für ein vorsichtigeres Vorgehen mit einer Umschichtung zugunsten eines höherwertigen Bereichs des Hochzinsspektrums und mit aktivem Management bei der Anleihenauswahl. (16.05.2023/alc/a/a)