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Geldpolitik einmal mehr im Mittelpunkt - Die EZB macht den Anfang!


10.03.23 11:41
Helaba

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die weißen Tauben sind müde! Das bezieht sich nicht nur auf den Ukraine-Krieg, denn auch in der Geldpolitik dominieren die Falken, also die Anhänger eines schärferen Kurses, so Christian Apelt von der Helaba.

Zuletzt habe FED-Chef Jerome Powell einmal mehr bei seiner Anhörung vor dem US-Kongress überrascht. So habe der Notenbanker weitere, womöglich sogar wieder größere Zinserhöhungen angedeutet, selbst wenn er dies in seiner zweiten Rede - in Greenspan-Manier - etwas relativiert habe.

An den Geldmärkten seien die Zinserwartungen weiter geklettert, der Dollar habe zugelegt. US-Aktien hätten einen Dämpfer erhalten, während europäische Titel nur kurz gezuckt hätten und der DAX ein neues Jahreshoch markiert habe. Bei zehnjährigen Staatsanleihen sei die Reaktion ebenfalls begrenzt gewesen, die Renditen von Treasuries und Bunds seien per Saldo sogar zurückgegangen. Hierbei habe wohl auch geholfen, dass die chinesische Regierung ein Wachstumsziel von "nur" 5% für dieses Jahr veröffentlicht habe. Jüngste Stimmungsindikatoren würden auf eine stärkere Dynamik deuten, aber mutmaßlich möchte die Politik das Wachstum nicht zu sehr stimulieren.

Dass die geldpolitische Straffung auch ungewollte Nebenwirkungen - wenn auch eher indirekt - haben könne, würden die Schwierigkeiten der amerikanischen Silicon Valley Bank zeigen, die im Bereich Venture Kapital aktiv sei. Dadurch sei der Bankensektor unter Druck geraten und habe den gesamten US-Aktienmarkt nach unten gezogen.

In der Berichtswoche (13.03. bis 17.03.) stehe einmal mehr die Geldpolitik im Mittelpunkt. Die EZB mache den Anfang, die FED und die Bank of England würden eine Woche später folgen. Eine Anhebung des Refisatzes um 50 Basispunkte auf dann 3,5% gelte als ausgemachte Sache. Spannender würden die Aussagen über weitere Schritte. Die Falken scheinen Oberwasser zu haben, sodass EZB-Chefin Lagarde wohl noch weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellt, so die Analysten der Helaba. Die Analysten der Helaba würden ihre Prognose im Anschluss voraussichtlich anpassen.

Für die weltweiten Finanzmärkte sei die FED-Politik aber noch entscheidender. Nach den Arbeitsmarktdaten stünden in den USA insbesondere die Verbraucherpreise für den Februar im Fokus. Gegenüber Vorjahr werde die Inflation vermutlich zurückgehen. Aber reiche das aus, um die Falken in der FED zu beruhigen? Zudem folge neben den Erzeugerpreisen ein Reigen an Konjunkturdaten. Veröffentlicht würden regionale Stimmungsindikatoren, Zahlen aus dem Bausektor, die Industrieproduktion und vor allem die Einzelhandelsumsätze. Letztere seien im Januar unerwartet kräftig gestiegen. Eine gewisse Gegenbewegung würde daher nicht überraschen. Sollte sich das Bild einer robusten US-Konjunktur aus den Januar-Zahlen für den Februar nicht bestätigen, könnte dies die Zinserwartungen etwas dämpfen.

Die Anleihemärkte dürften zunächst stark von den kommenden Daten und damit den geldpolitischen Aussichten geprägt werden. Es sei auch nach dem deutlichen Anstieg der letzten Wochen durchaus möglich, dass bei den Zehnjährigen der Zenit noch nicht erreicht sei. Sollten die Probleme der Silicon Valley Bank mehr als eine Eintagsfliege sein, wären Anleihen zwar als sicherer Hafen gefragt. Dies sei aber nicht zu erkennen. Der US-Dollar habe von den steigenden Zinsen profitiert, obwohl der Anstieg in den USA und der Eurozone recht ähnlich gewesen sei. Solange ein Ende der FED-Zinserhöhungen nicht absehbar sei, würden wohl noch die Abwärtsrisiken beim Euro/Dollar-Kurs dominieren. Der Aktienmarkt, zumindest in Europa, scheine dagegen Risiken derzeit eher auszublenden. Falls es nach der Klettertour auch mal wieder etwas runtergehe, wäre das keine Überraschung. Andererseits könnten Aktien auch weiter die "Wall of Worry", die "Mauer der Sorgen", hinaufklettern. Und vielleicht würden sie ahnen, dass eines Tages doch wieder die Tauben fliegen würden. (10.03.2023/alc/a/a)