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Finanzmärkte: Verhandlungen zur Schuldenobergrenze in den USA im Fokus


15.05.23 09:38
Raiffeisen Bank International AG

Wien (www.anleihencheck.de) - Das Highlight des dieswöchigen Datenkalenders stellte definitiv die Veröffentlichung der April-Zahlen zur Verbraucherpreisinflation in den USA dar, so Gottfried Steindl und Markus Tschapeck von der Raiffeisen Bank International AG.

Allerdings habe diese nicht mit einer nennenswerten Überraschung aufwarten können. So sei der Anstieg der Gesamtinflationsrate auf Monatsbasis in Höhe von 0,4% erwartungsgemäß höher gewesen als noch im März (0,1% p.m.). Verursacht worden sei dies unter anderem durch gestiegene Energiepreise (Zur Erinnerung: OPEC+ Produzenten hätten Anfang April eine Reduktion der Ölproduktion angekündigt). Die Kerninflation sei im April, wie auch im März, um 0,4% p.m. angestiegen.

Auch dies sei zu erwarten gewesen, sei eine unerwünscht persistente Kerninflation doch schon seit geraumer Zeit ein bestimmender Faktor für die FED. Auch bezüglich der Jahresveränderungsraten der Gesamtinflation und der Kerninflation habe es nur wenig Bewegung gegeben (Gesamtinflation: 4,9% im April vs. 5% im März, Kerninflation: 5,5% im April vs. 5,6% im März).

Auch in der nächsten Woche sei der Datenkalender in den USA nicht sehr umfangreich. Lediglich die April-Daten zur Industrieproduktion sowie den Einzelhandelsumsätzen seien hier besonders hervorzuheben. Diese seien deswegen interessant, da sie einen ersten Einblick in die potenzielle Entwicklung der US-Konjunktur im zweiten Quartal des Jahres 2023 erlauben würden. Hier sei noch einmal darauf verwiesen, dass das BIP-Wachstum im ersten Quartal mit 1,1% (annualisiert) doch wesentlich geringer ausgefallen sei als ursprünglich vom Konsensus erwartet. Bedingt sei dies unter anderem durch eine deutliche Abkühlung der Industrieproduktion und der (nominellen sowie realen) Einzelhandelsverkäufe nach einem sehr starken Januar gewesen.

Hinsichtlich der (nominellen) Einzelhandelsumsätze würden Analystenschätzungen derzeit von einer leichten Erholung des Wachstums auf Monatsbasis von -0,6% im März auf 0,7% im April ausgehen. Bei der Industrieproduktion werde hingegen nach einem Wachstum von 0,4% p.m. im März eine Stagnation erwartet, also ein "Wachstum" von 0% p.m.

In der Eurozone stünden nächste Woche ebenfalls Daten zur Industrieproduktion auf der Agenda. Diese würden sich allerdings noch auf den Monat März beziehen. Die Industrieproduktion habe im Februar noch 1,5% auf Monatsbasis zulegen können. Für März würden die Analysten basierend auf bereits erschienenen Datenpunkten (Output in Irland -26% p.m.) allerdings eine deutliche Verschlechterung auf -2,7% p.m. prognostizieren. Dies würde einem jährlichen Wachstum von 0,2% entsprechen.

Mit den Mai-Werten für den deutschen ZEW stehe außerdem die Veröffentlichung eines vielbeachteten Stimmungsindikators auf der Agenda. Die Prognosen der Analysten würden auf eine Eintrübung des Stimmungsbildes unter den befragten Kapitalmarktteilnehmern hindeuten. So würden sie den Index für die aktuelle Lage mit einer Abnahme weg von -32,5 Punkten hin zu -39 Punkten tiefer in pessimistisches Gebiet abrutschen sehen. Auch bei der Komponente für die Zukunftserwartungen, welche zuletzt mit 4,1 Punkten schwach positiv (=optimistisch) gewesen sei, würden sie eine Abwärtsbewegung für am wahrscheinlichsten halten.

Am Finanzmarkt seien einstweilen die Verhandlungen zur Schuldenobergrenze in den USA ein maßgebliches Thema. Kurz zusammengefasst: Da die Staatsausgaben der USA höher seien als die Staatseinnahmen, müsse die Volkswirtschaft (oder, präziser gesagt, das US Treasury Department) regelmäßig Schulden aufnehmen, um dieses Defizit zu finanzieren. Allerdings unterlägen die Schulden in den USA einer Obergrenze, welche bei Erreichen erhöht werden müsse, ansonsten drohe ein Zahlungsausfall. Die Verhandlungen hierzu würden sich zäh gestalten, da die republikanische Partei eine Erhöhung an wesentliche Kürzungen der Staatsausgaben knüpfen wolle, während die Demokraten eine bedingungslose Anhebung würden erreichen wollen.

Die Reserven der Staatskasse könnten laut letzten Aussagen des Finanzministeriums Anfang Juni aufgebraucht sein. Aufgrund der kontroversen politischen Ausgangslage sei wohl mit einem Verhandlungspoker bis zum letzten Abdruck zu rechnen. Ein Zahlungsausfall der USA wäre sowohl für die nationale als auch die globale Wirtschaft verheerend. Immerhin würden US-Staatsanleihen als globales "safe asset" gelten. Gelder, die in diesem Instrument geparkt würden, würden als krisenresistent (in Bewertungsmodellen) wahrgenommen. Dementsprechend steige die Nervosität auf den Finanzmärkten, ob sich diese Beurteilung aufrechterhalten lasse. Jedenfalls lägen die einjährigen US-CDS Spreads auf einem Rekordhoch, welches selbst bei vorangegangen Krisen bezüglich der Schuldenobergrenze nicht erreicht worden sei.

Auch die Renditen kurzläufiger US-Anleihen hätten mit einem Anstieg auf den näherkommenden Tag X reagiert. Der Spread zu deutschen kurzlaufenden Anleihen habe dabei zugenommen. (Ausgabe vom 12.05.2023) (15.05.2023/alc/a/a)