Erweiterte Funktionen

FED behält ihren falkenhaften Kurs bei


06.11.23 08:50
Raiffeisen Bank International AG

Wien (www.anleihencheck.de) - Am Datenkalender für diese Woche findet sich wenig Interessantes, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG (RBI).

In den USA sei das vorläufige Ergebnis des Konsumentenvertrauens erwähnenswert (Anstieg erwartet). In der Eurozone werde mit dem Sentix der erste Umfrageindikator für den Monat November veröffentlicht. Da diese Befragung von Marktakteuren mit der Entwicklung von Aktienmärkten korreliere, würden die Analysten einen kleinen Anstieg ansetzen. Weiterhin stünden die endgültigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfragen im Dienstleistungsbereich an. Die Schnellschätzung für die Eurozone lasse auf deutliche Abstriche bei den Länderergebnissen in Italien und Spanien schließen.

Wenig spannend seien die September-Industriedaten aus diversen Euroländern. Immerhin lägen für viele schon Erstschätzungen für das BIP in Q3 vor. Hierbei sei auffällig, dass sich jene Länder mit einem vergleichsweisen großen Industrie- bzw. Bausektor seit Mitte 2022 klar unterdurchschnittlich entwickeln würden. Die Werte für Q3 (im folgenden Teil seien alle Angaben in % p.q.) hätten diese Beobachtung noch einmal unterstrichen, beispielsweise hätten Österreich (-0,6) und Deutschland (-0,1) Rückgänge der Wirtschaftsleistung verbucht.

Ebenfalls negativ sei die BIP-Entwicklung in Portugal und Estland (-0,2), Litauen (-0,1) und Irland (-1,8) gewesen. Estland und Österreich würden somit formal die Definition einer Rezession erfüllen. Besser als im Schnitt der Eurozone (-0,1) habe sich die Wirtschaft in Italien (0,0), Frankreich (+0,1), Spanien (+0,3), Belgien (+0,5) und Lettland (+0,6) entwickelt. Die Details auf Entstehungs- und Nachfrageebene seien in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausgefallen.

Mittelfristig würden sich die Analysten erwarten, dass im Aggregat der Eurozone sich der private Konsum konjunkturstützend und die privaten Investitionen gedämpft entwickeln würden. Eine Belebung, allein getrieben durch Dienstleistungen, sei wenig realistisch. Zumindest eine Stabilisierung im Industriebereich sei wohl notwendig, wobei sich die Analysten vom Wohnbau noch länger keine Impulse erwarten würden. In Summe sei für die kommenden Quartale eine Stagnation der Wirtschaft in der Eurozone wahrscheinlich (dies umfasse eine milde Rezession in H2 23 bis hin zu geringfügig positiven Wachstumsraten im Winterhalbjahr 2023/24).

Auf der FOMC-Sitzung im November habe die FED den Leitzins konstant zwischen 5,25 und 5,5% gehalten. Dies sei - von den Analysten und dem Markt - weitgehend erwartet worden, und auch die Ausrichtung der FED sei nicht unerwartet gekommen. Zunächst habe die FED eine noch bessere Wirtschaftsdynamik ("starkes" Tempo) zur Kenntnis genommen - das BIP-Wachstum sei im dritten Quartal bei 4,9% p.q. (annualisiert) veröffentlicht worden. Die überraschend robuste US-Wirtschaft trage zur Unsicherheit über den geldpolitischen Ausblick bei, da sie Inflationsrisiken bergen könnte. Bislang sehe die FED jedoch die Disinflation des letzten Monats durch die Daten bestätigt. Ein nachhaltiger Fortschritt in Richtung des Inflationsziels von 2% sei jedoch noch nicht erreicht.

So seien die jüngsten Daten zum Lohnwachstum (ECI) eher als Bestätigung der Verlangsamung des Tempos interpretiert worden, denn als Hinweis darauf, dass sich die Lohndynamik nicht weiter verlangsamt habe. Zweitens habe die FED die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen als einen Aspekt hinzugefügt, der die Wirtschaftstätigkeit, die Einstellung von Arbeitskräften und die Inflation belasten dürfte. Mehrere FOMC-Mitglieder hätten im Vorfeld der Sitzung darauf hingewiesen, dass der Anstieg der langfristigen Renditen eine Form der Straffung darstelle und die Notwendigkeit einer weiteren Anhebung des Leitzinses verringere.

In Bezug auf beide Aspekte, d.h. die starke wirtschaftliche Dynamik und die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen, habe der Vorsitzende Powell betont, dass Persistenz entscheidend sei. Wenn sich beispielsweise die Finanzbedingungen erheblich lockern würden und die US-Wirtschaft weiterhin stark wachse, müsse die FED möglicherweise noch mehr tun. Daher behalte die FED ihren falkenhaften Kurs bei, wolle aber dennoch vorsichtig vorgehen.

Auf den Zinsmärkten sei die FED-Sitzung eher als Zeichen interpretiert worden, dass der Zinserhöhungszyklus abgeschlossen sei, und die Renditen seien über die gesamte Treasury-Kurve hinweggefallen - die Kurve habe sich abgeflacht (Inversion habe sich intensiviert). Generell scheinen die Zentralbanken weltweit zu zögern, die Leitzinsen weiter zu erhöhen (FED, EZB, BoE), was nach dem starken Anstieg der Laufzeitprämie (Term Premium) in den vergangenen Wochen nun zu Durationswetten führen könnte, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG. Diese Entwicklungen stünden im Einklang mit den Prognosen der Analysten. (Ausgabe vom 03.11.2023) (06.11.2023/alc/a/a)