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FED: Terminal Rate erreicht?
03.11.23 09:45
Hamburg Commercial Bank
Hamburg (www.anleihencheck.de) - The FED is done. Das ist das, was die Finanzmärkte nach der Sitzung erwarten, so Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt bei der Hamburg Commercial Bank.
Gemäß den Forwardmärkten sei die Wahrscheinlichkeit, dass es im Dezember doch noch zu einer Zinsanhebung komme, von 28% vor der Sitzung auf 19% nach der Sitzung gefallen.
In der Tat könne die Botschaft von Jerome Powell so interpretiert werden. Am wichtigsten sei sicherlich der Hinweis gewesen, dass die Risiken für die Inflation nunmehr relativ ausgeglichen seien, was er in der Pressekonferenz gleich mehrere Male wiederholt habe.
Dies scheine den bisherigen Prognosen der FED, die vor sechs Wochen in den sogenannte Dotplots noch einen weiteren Zinsschritt in diesem Jahr vorgesehen hätten, zu widersprechen. Powell habe diese Dotplots jedoch relativiert und sinngemäß gesagt, dass die Aussagekraft dieser Prognosen mit jedem Tag, an dem neue Daten erscheinen würden, sinke und man solle diese Prognosen nach sechs Wochen nicht mehr ganz so ernst nehmen. Und er habe darauf verwiesen, dass man ja im Dezember eine neue Prognose veröffentlichen werde. In der dann, so die Vermutung der Analysten, die meisten Notenbankmitglieder keinen weiteren Zinsschritt prognostizieren würden.
Ein weiterer Hinweis dafür, dass die FED auf erneute Zinserhöhungen verzichten dürfte, sei auch gewesen, wie Powell die Situation am Arbeitsmarkt interpretiert habe. Zum einen habe er festgestellt, dass der Arbeitsmarkt zwar weiterhin angespannt sei, aber "Angebot und Nachfrage kommen kontinuierlich in ein besseres Gleichgewicht". Vor allem aber wären die Lohnzuwächse in den vergangenen 18 Monaten zurückgegangen, "auf ein Niveau, das substanziell dichter an dem Niveau ist, dass mit einer Inflation von 2% konsistent ist."
Dem Arbeitsmarkt helfe die gestiegene Partizipationsrate bei den 25- bis 54-Jährigen und auch die Einwanderung. Das sei auch ein Grund für das gute Wirtschaftswachstum. Die Analysten würden diese Aussagen auch dahingehend interpretieren, dass die FED mehr denn je davon überzeugt sei, eine weiche Landung managen zu können. In ihrem Basisszenario würden die Analysten ebenfalls davon ausgehen.
Zuversicht schöpfe der FED-Präsident auch aus der Beobachtung, dass die Inflationserwartungen gut verankert bleiben würden. In diesem Zusammenhang habe sich Powell auch nicht von den gestiegenen Einjahresinflationserwartungen beirren lassen, die sich aus der Konsumentenumfrage der Universität Michigan ergeben würden. Zuletzt sei dieser Wert von 3,2% auf 4,2% gestiegen. Mitte 2022 habe Powell noch gesagt, dass der Anstieg dieses Indexes mit dazu beigetragen habe, die Zinsen damals um 50 Basispunkte anzuheben. Jetzt aber habe er die Aussagekraft dieses Index beiseite gewischt. Durchaus zurecht, denn der Index zeige einen hohen Grad an Volatilität und der Trend sei - auch nach dem letzten Anstieg - abwärts gerichtet.
Man könne aber nicht behaupten, dass die Aussagen von Powell aus einem Guss gewesen seien und alle in eine Richtung gewiesen hätten. Es habe durchaus auch einige Punkte gegeben, die den Analysten, die weiterhin eine oder mehrere Zinserhöhungen prognostizieren würden, etwas Unterstützung gegeben hätten.
So habe es Powell recht deutlich abgelehnt, den Anstieg der langfristigen Staatsanleiherenditen als Substitut für weitere Zinserhöhungen anzusehen. Die Renditebewegungen seien noch zu volatil, um von einem nachhaltigen Anstieg zu sprechen. Und nur ein nachhaltiger Anstieg bedeute letztlich, dass die Finanzierungsbedingungen von dieser Seite verschärft würden.
Weiter durfte natürlich auch nicht der Hinweis fehlen, dass man von "meeting to meeting" seine Entscheidungen treffen werde. Man habe jetzt die Entscheidung getroffen, die man zu diesem Zeitpunkt für angemessen gehalten habe und im Dezember werde man die Entscheidung treffen, die man dann für angemessen halte. Bei der EZB falle dies unter den Begriff "Datenabhängigkeit", wodurch dem Komitee richtigerweise die Tür offen gelassen wird, doch noch den Zins anzuheben.
Grundsätzlich seien auch die Risiken, die sich aus dem Krieg zwischen der Hamas und Israel ergeben würden, relevant für den Kurs der FED. Das Risiko sei von Powell benannt worden, aber tatsächlich nicht sonderlich betont. Die Angst vor einem erneuten Ölpreisschock scheine bei der FED weniger stark ausgeprägt zu sein als bei der EZB.
Die Sicht der Analysten, dass die FED die "Terminal Rate" erreicht habe, stütze sich keineswegs zum größten Teil auf die Aussagen von Jerome Powell. Die Analysten hätten vor allem die Wachstums- und Inflationsperspektiven im Blick. Die Daten des ISM-Einkaufsmanagerindices, die eine stärkere Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes zu Beginn des vierten Quartals angezeigt hätten, würden ihre Sicht unterstützen, dass das sich das Wachstum in diesem und in den nächsten Quartalen kräftig abschwächen könnte.
Eine entscheidende Rolle würden weiterhin die Arbeitsmarktdaten spielen und natürlich die Inflation, die sich im Oktober aber nur relativ zögerlich zurückbilden dürfte. Die Kernrate könnte sogar leicht steigen. Die Diskussion um weitere Zinssteigerungen sei insofern noch nicht beendet, aber die FED habe die Grundlage dafür gelegt, dass alle Daten, die ein Ende des Zinsanhebungszyklus nahelegen würden, ein wesentlich größeres Gewicht erhalten würden als die Daten, die dagegen sprechen würden. (Ausgabe vom 02.11.2023) (03.11.2023/alc/a/a)
Gemäß den Forwardmärkten sei die Wahrscheinlichkeit, dass es im Dezember doch noch zu einer Zinsanhebung komme, von 28% vor der Sitzung auf 19% nach der Sitzung gefallen.
In der Tat könne die Botschaft von Jerome Powell so interpretiert werden. Am wichtigsten sei sicherlich der Hinweis gewesen, dass die Risiken für die Inflation nunmehr relativ ausgeglichen seien, was er in der Pressekonferenz gleich mehrere Male wiederholt habe.
Dies scheine den bisherigen Prognosen der FED, die vor sechs Wochen in den sogenannte Dotplots noch einen weiteren Zinsschritt in diesem Jahr vorgesehen hätten, zu widersprechen. Powell habe diese Dotplots jedoch relativiert und sinngemäß gesagt, dass die Aussagekraft dieser Prognosen mit jedem Tag, an dem neue Daten erscheinen würden, sinke und man solle diese Prognosen nach sechs Wochen nicht mehr ganz so ernst nehmen. Und er habe darauf verwiesen, dass man ja im Dezember eine neue Prognose veröffentlichen werde. In der dann, so die Vermutung der Analysten, die meisten Notenbankmitglieder keinen weiteren Zinsschritt prognostizieren würden.
Ein weiterer Hinweis dafür, dass die FED auf erneute Zinserhöhungen verzichten dürfte, sei auch gewesen, wie Powell die Situation am Arbeitsmarkt interpretiert habe. Zum einen habe er festgestellt, dass der Arbeitsmarkt zwar weiterhin angespannt sei, aber "Angebot und Nachfrage kommen kontinuierlich in ein besseres Gleichgewicht". Vor allem aber wären die Lohnzuwächse in den vergangenen 18 Monaten zurückgegangen, "auf ein Niveau, das substanziell dichter an dem Niveau ist, dass mit einer Inflation von 2% konsistent ist."
Dem Arbeitsmarkt helfe die gestiegene Partizipationsrate bei den 25- bis 54-Jährigen und auch die Einwanderung. Das sei auch ein Grund für das gute Wirtschaftswachstum. Die Analysten würden diese Aussagen auch dahingehend interpretieren, dass die FED mehr denn je davon überzeugt sei, eine weiche Landung managen zu können. In ihrem Basisszenario würden die Analysten ebenfalls davon ausgehen.
Man könne aber nicht behaupten, dass die Aussagen von Powell aus einem Guss gewesen seien und alle in eine Richtung gewiesen hätten. Es habe durchaus auch einige Punkte gegeben, die den Analysten, die weiterhin eine oder mehrere Zinserhöhungen prognostizieren würden, etwas Unterstützung gegeben hätten.
So habe es Powell recht deutlich abgelehnt, den Anstieg der langfristigen Staatsanleiherenditen als Substitut für weitere Zinserhöhungen anzusehen. Die Renditebewegungen seien noch zu volatil, um von einem nachhaltigen Anstieg zu sprechen. Und nur ein nachhaltiger Anstieg bedeute letztlich, dass die Finanzierungsbedingungen von dieser Seite verschärft würden.
Weiter durfte natürlich auch nicht der Hinweis fehlen, dass man von "meeting to meeting" seine Entscheidungen treffen werde. Man habe jetzt die Entscheidung getroffen, die man zu diesem Zeitpunkt für angemessen gehalten habe und im Dezember werde man die Entscheidung treffen, die man dann für angemessen halte. Bei der EZB falle dies unter den Begriff "Datenabhängigkeit", wodurch dem Komitee richtigerweise die Tür offen gelassen wird, doch noch den Zins anzuheben.
Grundsätzlich seien auch die Risiken, die sich aus dem Krieg zwischen der Hamas und Israel ergeben würden, relevant für den Kurs der FED. Das Risiko sei von Powell benannt worden, aber tatsächlich nicht sonderlich betont. Die Angst vor einem erneuten Ölpreisschock scheine bei der FED weniger stark ausgeprägt zu sein als bei der EZB.
Die Sicht der Analysten, dass die FED die "Terminal Rate" erreicht habe, stütze sich keineswegs zum größten Teil auf die Aussagen von Jerome Powell. Die Analysten hätten vor allem die Wachstums- und Inflationsperspektiven im Blick. Die Daten des ISM-Einkaufsmanagerindices, die eine stärkere Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes zu Beginn des vierten Quartals angezeigt hätten, würden ihre Sicht unterstützen, dass das sich das Wachstum in diesem und in den nächsten Quartalen kräftig abschwächen könnte.
Eine entscheidende Rolle würden weiterhin die Arbeitsmarktdaten spielen und natürlich die Inflation, die sich im Oktober aber nur relativ zögerlich zurückbilden dürfte. Die Kernrate könnte sogar leicht steigen. Die Diskussion um weitere Zinssteigerungen sei insofern noch nicht beendet, aber die FED habe die Grundlage dafür gelegt, dass alle Daten, die ein Ende des Zinsanhebungszyklus nahelegen würden, ein wesentlich größeres Gewicht erhalten würden als die Daten, die dagegen sprechen würden. (Ausgabe vom 02.11.2023) (03.11.2023/alc/a/a)