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Eurozone: Die Teuerung im August etwas höher als erhofft


01.09.23 14:48
Raiffeisen Bank International AG

Wien (www.anleihencheck.de) - In den kommenden Tagen stechen am Datenkalender Umfragen im Dienstleistungssektor hervor, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG (RBI).

Während in den USA der ISM für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe unverändert erwartet werde, sei bei den noch ausstehenden Einkaufsmanagerindices für Italien und Spanien ein deutlicher Rückgang zu erwarten. In den USA würde somit diese Umfrage weiterhin eine leichte Ausweitung der Aktivität im Dienstleistungssektor signalisieren, in der Eurozone und zunehmend auch in Südeuropa stünden dagegen die Indikationen auf Stagnation. Die Frühindikatoren für den europäischen Industriebereich seien bereits in den vergangenen Monaten negativ ausgefallen und somit würden die Analysten der RBI bei den Produktionsdaten für Juli mit Rückgängen rechnen. Die dritte Lesung für das BIP im zweiten Quartal könnte für die Eurozone eine Abwärtsrevision des zuvor gemeldeten Zuwachses von 0,3% p.q. bringen (aktualisierte Schätzungen für Italien und Österreich hätten eine Abwärtskorrektur ausgewiesen).

In der abgelaufenen Woche habe die Schnellschätzung von Inflation in der Eurozone ein Datenhighlight dargestellt. Die Teuerung sei im August in den meisten Ländern etwas höher ausgefallen als erhofft, im gesamten Währungsraum sei der Preisauftrieb mit 5,3% im Jahresvergleich gleich hoch wie im Juli gewesen. Die höher als erwartete Inflationsrate sei auf Preissteigerungen von Kraftstoffen zurückzuführen. Im Gütersegment Energie würden aber sehr bald die im Vergleich zum Vorjahr niedrigeren Strompreise durchschlagen. Im Herbst sei mit einem Rückgang der Inflationsrate für Energie zu rechnen. Die Teuerungsraten für Güter ex Energie, vor allem für Nahrungsmitteln, hätten in der Eurozone im August nachgelassen. Sogar der Aufwärtstrieb bei Dienstleistungen habe leicht abgenommen. Diese Tendenzen würden sich voraussichtlich im Herbst fortsetzen. Ein Blick auf die Details mache somit klar, dass ein weiterer Inflationsabbau in den kommenden Monaten nicht infrage gestellt sei.

Mit dem Ende des Monats August würden die September-Zinssitzungen der EZB und der FED stärker in den Fokus rücken. Die Finanzmärkte würden daher aufmerksam die eingehenden Daten beobachten. Für die Zinsmärkte des Euroraums seien Inflationszahlen und das Protokoll der EZB-Sitzung wichtige Anhaltspunkte diese Woche gewesen. Letzteres könnten bereits die Themen für September ankündigen. Die Wirtschaftsdynamik lasse nach, die Inflation habe ihren Höhepunkt überschritten, die straffere Geldpolitik dämpfe die Wirtschaft. Die Zinserhöhung im Juli sei einstimmig beschlossen worden, aber auch ein Vorschlag zu unveränderten Leitzinsen sei diskutiert worden. Für September lese man, dass die Risiken sorgfältig abgewogen werden müssten. Die Analysten der RBI würden davon ausgehen, dass es eine enge Entscheidung sein werde. Die beiden möglichen und plausiblen Szenarien seien:

Szenario 1:
Angesichts der schwächeren Frühindikatoren für die Konjunktur seien sich die Mitglieder des EZB-Rats einig, dass es gerechtfertigt sei, den Zinserhöhungszyklus zu pausieren und weitere Informationen abzuwarten, wie stark sich die kumulative Straffung auf die Realwirtschaft und die Inflation auswirke. Die BIP-Wachstumsprognosen würden nach unten korrigiert. Die Inflationsaussichten hätten sich seit Juni nicht wesentlich geändert, da die Inflation im Großen und Ganzen den Erwartungen entsprochen habe. Spätere Zinserhöhungen würden nicht ausgeschlossen und es werde ein datenabhängiger Ansatz betont.

Szenario 2:
Angesichts der nur allmählichen Verlangsamung der zugrunde liegenden Inflation und der Aufwärtsrisiken für die Inflationsaussichten seien sich die Mitglieder des EZB-Rats einig, dass eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte gerechtfertigt sei. Die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung seien zwar deutlich sichtbar, die Wirtschaftsdaten würden jedoch eher auf eine stagnierende Wirtschaftsleistung als auf eine scharfe Abwärtskorrektur hindeuten. Eine Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit sei notwendig, um die Inflation zu dämpfen, sodass die schwächeren Frühindikatoren noch keine Pause im Zinserhöhungszyklus rechtfertigen würden.

Nach September werde es für die EZB schwieriger werden, die Leitzinsen weiter zu erhöhen, wenn sich die wirtschaftliche Stimmung verschlechtere und die zugrunde liegende Inflation sinke. Somit dürfte unabhängig vom Szenario im September das finale Leitzinsniveau erreicht werden, vorausgesetzt, die Inflation überrasche nicht nach oben. Die RBI-Prognosen würden konstante EZB-Leitzinsen im September widerspiegeln.

Auch an den USD-Zinsmärkten seien die Renditen in dieser Woche im Abwärtstrend gewesen. Einige schwächer als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten hätten die Wahrscheinlichkeit steigen lassen, dass die FED weniger tun müsse, um ihr Inflationsziel zu erreichen. Ein Rückgang bei den offenen Stellen sei ein willkommenes Signal gewesen, dass der Arbeitsmarkt auf dem Weg sei, ein besseres Gleichgewicht zu finden. Man müsse jedoch den heutigen Arbeitsmarktbericht abwarten, bevor man Schlussfolgerungen ziehen könne. Es werde eine Verlangsamung des Beschäftigungswachstums erwartet. Auch die leichte Abwärtskorrektur des BIP-Wachstums im zweiten Quartal auf 2,1% (p.q. annualisiert) passe ins Bild. Es sei nicht so, dass diese Daten ein sehr pessimistisches Bild für die US-Wirtschaft zeichnen würden. Aber nach einer (langen) Periode, in der US-Daten über den Erwartungen gelegen hätten, sprächen die jüngsten Informationen für eine allmähliche Verlangsamung/Normalisierung der wirtschaftlichen Bedingungen, welche die FED anstrebe. Eine weiche Landung sei immer noch plausible! (01.09.2023/alc/a/a)