Europa: Der Kernrate steigt weiter - keine Entwarnung bei der Inflation


02.03.23 14:00
Nord LB

Hannover (www.anleihencheck.de) - Soeben hat die Europäische Statistikbehörde die vorläufigen Zahlen zur Inflationsentwicklung in der Eurozone veröffentlicht, so Christian Reuter von der NORD/LB.

Danach seien die Verbraucherpreise im Februar insgesamt um 8,5% (Y/Y) bzw. um 0,8% (M/M) gestiegen. Die Kernrate, also die Preise ohne die volatilen Güter Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak, sei um 5,6% (Y/Y) gestiegen.

Die positive Nachricht sei, dass sich die Inflation insgesamt gegenüber dem Vormonat im Jahresvergleich zumindest etwas ermäßigt habe. Dieser vierte Rückgang in Folge habe aufgrund der Basiseffekte aus den Komponenten für Energie erwartet werden können, sei aber weniger stark gewesen, als von den meisten Ökonomen erwartet worden sei. Hingegen habe die Dynamik im Monatsvergleich sogar wieder etwas zugenommen.

Und auch die Kernrate markiere mit 5,6% (Y/Y) einen neuen historischen Rekordwert. Der Anstieg relativiere sich zwar etwas, da die turnusmäßige Aktualisierung der Warenkorbgewichte im Januar bremsend auf die Kernrate gewirkt hätten. Dieser technische Effekt sei nun im Berichtsmonat entfallen und überzeichne den Auftrieb im Berichtsmonat, der dennoch als viel zu hoch gewertet werden müsse.

Dass sich die Inflation als hartnäckiger erweisen könnte, sei in den letzten Tagen bereits deutlich geworden, als die wirtschaftlichen Schwergewichte Frankreich, Spanien und Deutschland sowie die Niederlande jeweils einen Anstieg der Teuerungsraten für den Berichtsmonat Februar gemeldet hätten. Nur in Italien sei die Rate gegenüber dem Vormonat zurückgegangen, allerdings weniger als zunächst angenommen.

Insgesamt würden die Analysten der NORD/LB nach wie vor davon ausgehen, dass sich die Inflation im Jahresverlauf aufgrund von Basiseffekten bei den Energiepreisen ermäßigen werde, wenn auch etwas langsamer.

Aus geldpolitischer Sicht stünden die Zeichen nun auf weitere Erhöhungen der Leitzinsen. Die EZB habe sich auf ihrer letzten Sitzung im Februar bereits auf eine Erhöhung des Leitzinses um 50 Bp im März vorab festgelegt. Nach den heutigen Zahlen dürfte es nun in der weiteren Diskussion wohl eher darum gehen, ob der eingeschlagene Kurs restriktiv genug sei oder nicht. Eine Lockerung der Zinspolitik sei jedenfalls erst einmal weiter in die Ferne gerückt.

Das sähen auch die Kapitalmärkte so. Die Renditen hätten in den letzten Tagen weiter deutlich angezogen und zu Anfang dieser Woche die Höchstwerte Januar dieses Jahres nachhaltig überschritten. Die zehnjährige Bundesanleihe habe zuletzt bei 2,75% rentiert, dem höchsten Stand seit Anfang 2011.

Die Inflation im Euroraum habe nach vorläufigen Zahlen im Februar bei 8,5% (Y/Y) gelegen und sich damit nur wenig und geringer ermäßigt, als erwartet worden sei. Negativ habe die Entwicklung der Inflations-Kernrate überrascht, die mit 5,6% (Y/Y) einen neuen Rekordwert erreicht habe. Der Teuerungsprozess erweise sich damit hartnäckiger als von vielen angenommen. Die Europäische Zentralbank werde nun nicht umhinkommen, den eingeschlagenen restriktiven Kurs beizubehalten und schon auf ihrer nächsten Sitzung im März den Leitzins um mindestens 50 Bp zu erhöhen. Dabei dürften sich die anstehenden Diskussionen um die weitere Ausgestaltung der Geldpolitik eher darum drehen, ob man nicht noch etwas stärker an der Zinsschraube drehen sollte als darum, wann wieder mit einer Lockerung gerechnet werden könne. (02.03.2023/alc/a/a)