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EZB: Ein letzter, dovisher Zinsschritt
15.09.23 12:30
Hamburg Commercial Bank
Hamburg (www.anleihencheck.de) - Die EZB hat die Leitzinsen erneut um 25 BP auf jetzt 4,50% (Hauptrefinanzierungssatz) bzw. 4% (Einlagezinssatz) angehoben, so Dr. Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank.
Höchstwahrscheinlich habe es sich dabei um den zunächst letzten Zinsschritt nach oben gehandelt. Darauf würden die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Statement und in der Pressekonferenz hindeuten. Die Analysten der Hamburg Commercial Bank würden davon ausgehen, dass die Zinsen das gesamte Jahr 2024 konstant bleiben würden und es mithin auch nicht zu Zinssenkungen kommen werde.
Die Ankündigungen im Einzelnen
(Zitate seien in Anführungszeichen und von Christine Lagarde, es sei denn, es werde auf jemand anderen verwiesen)
Änderung des Wortlauts der Erklärung (im Vergleich zum Juli): "Auf der Grundlage seiner derzeitigen Einschätzung ist der EZB-Rat der Ansicht, dass die Leitzinsen der EZB ein Niveau erreicht haben, das, wenn es für einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten wird, einen wesentlichen Beitrag zur rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum Zielwert leisten wird."
Einordnung: Dieser Satz sei der Schlüsselsatz der gestrigen Entscheidung, so habe ihn auch Lagarde verstanden wissen wollen. Obwohl die Zinsen ein weiteres Mal angehoben worden seien, zeige sich die EZB in dieser Aussage sehr "dovish".
Bleibe die Tür für weitere Zinserhöhungen offen? Der Schlüsselsatz sei zwar recht eindeutig und besage, dass die "terminal rate" erreicht sei, aber die EZB habe sich die Tür für eine Änderung ihrer Politik offen gelassen und den bisherigen Satz in der Erklärung unverändert gelassen: "(Die EZB) wird weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen, um die angemessene Höhe und Dauer des Zinsniveaus zu bestimmen." Und in der Pressekonferenz sagte Lagarde auch "(...) wir können nicht sagen, dass wir jetzt den Höhepunkt erreicht haben."
Einordnung: Es sei keine Überraschung, dass die EZB die Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung offen lasse (alles andere wäre eine Überraschung gewesen). Dies entwerte nicht die recht klare Aussage, dass die Spitze des Zinsanhebungszyklus erreicht sei.
Entscheidung sehe nach einem Kompromiss aus: Die Entscheidung, die Zinssätze zu erhöhen und gleichzeitig zu betonen, dass das erreichte Niveau "einen wesentlichen Beitrag" zur weiteren Inflationsbekämpfung leisten werde, klinge wie ein Kompromiss zwischen den Tauben und Falken im EZB-Rat. Dafür spreche auch, dass die Mehrheit für diese Entscheidung nicht besonders komfortabel ausgefallen sei: "Ich kann Ihnen sagen, dass es eine solide Mehrheit gab, die der Entscheidung zustimmte ( ), jedoch hätten einige Gouverneure es vorgezogen, eine Pause einzulegen"
Einordnung: Eine "solide Mehrheit" könne mit "einer eher knappen Mehrheit" übersetzt werden. Um die Tauben für die Erhöhung zu entschädigen, habe also der Satz aufgenommen werden müssen, dass das jetzige Zinsniveau einen wesentlichen Beitrag zur Senkung der Inflation leisten werde.
Neue Projektionen des EZB-Stabes: Die Inflationsprognose für 2023 und 2024 sei leicht nach oben und für 2025 leicht nach unten angepasst worden. Gründe hierfür seien vor allem die höheren Ölpreise und Ölfutures. Beim Wirtschaftswachstum hingegen habe man die Prognose für die drei Jahre jeweils nach unten revidiert. Gründe hierfür seien (i) eine drastische Verschlechterung der kurzfristigen Aussichten, wie man anhand von Frühindikatoren sehen könne, (ii) restriktivere Finanzierungsbedingungen und (iii) ein schwächerer Euro und eine schwächere globale Wirtschaft, die den Außenbeitrag schwäche.
Einordnung: Die Inflationsprognose sei insgesamt nur marginal nach oben angepasst worden und für 2025 sogar leicht nach unten, was signalisieren solle, dass die EZB auf dem richtigen Weg der Inflationsbekämpfung sei. Für das Wirtschaftswachstum sei vor allem die Prognose für 2024 nach unten angepasst worden, was dadurch zustande komme, dass man einen schlechten Abschluss des Jahres 2023 erwarte und es in 2024 daher schwieriger werde, ein starkes Wachstum auf Jahresbasis zu erzielen.
Sei von Zinssenkungen die Rede? "Das ist ein Wort, welches wir noch nicht mal in den Mund genommen haben."
Einordnung: Die EZB scheine nicht den Wunsch zu haben, Spekulationen über vorzeitige Zinssenkungen zu schüren. Für 2024 würden die Analysten der Hamburg Commercial Bank keine Zinssenkungen erwarten.
Zum Immobilienmarkt: "(Die höheren Zinsen) sind einer der Faktoren, die dazu geführt haben, dass sich der gesamte Immobiliensektor im Moment in einer schwierigen Situation befindet ( ), wir sind uns dessen bewusst." Aber: "Wir werden von der Notwendigkeit angetrieben, unser Mandat zu erfüllen ( )"
Einordnung: Das sei die typische Antwort, wenn ein Zentralbanker nach den Sorgen um einen bestimmten Sektor gefragt werde. Es sei nicht die Aufgabe der Zentralbank, individuelle Sektoren zu unterstützen, sondern sich um Preisstabilität zu bemühen.
Zu dem Arbeitsmarkt/den Unternehmensgewinnen: "Die Löhne der Arbeitnehmer (...) steigen weiterhin um 5,5% und die Erwerbsbeteiligung ist um 0,2% gestiegen. Wir beginnen, einige Anzeichen für eine Abschwächung des Einstellungsvolumens zu sehen." Und: "Allmählich werden die Gewinne schrumpfen, sodass (Spielraum entsteht) für steigende Löhne."
Einordnung: Lagarde verweise auf einen nach wie vor robusten Arbeitsmarkt, aber die Erwähnung von "Anzeichen einer Abschwächung" und "die Gewinne werden schrumpfen" bedeute, dass Lagarde zuversichtlich zu sein scheine, dass sich die Inflation weiterhin nachhaltig verlangsamen werde. (15.09.2023/alc/a/a)
Höchstwahrscheinlich habe es sich dabei um den zunächst letzten Zinsschritt nach oben gehandelt. Darauf würden die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Statement und in der Pressekonferenz hindeuten. Die Analysten der Hamburg Commercial Bank würden davon ausgehen, dass die Zinsen das gesamte Jahr 2024 konstant bleiben würden und es mithin auch nicht zu Zinssenkungen kommen werde.
Die Ankündigungen im Einzelnen
(Zitate seien in Anführungszeichen und von Christine Lagarde, es sei denn, es werde auf jemand anderen verwiesen)
Änderung des Wortlauts der Erklärung (im Vergleich zum Juli): "Auf der Grundlage seiner derzeitigen Einschätzung ist der EZB-Rat der Ansicht, dass die Leitzinsen der EZB ein Niveau erreicht haben, das, wenn es für einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten wird, einen wesentlichen Beitrag zur rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum Zielwert leisten wird."
Einordnung: Dieser Satz sei der Schlüsselsatz der gestrigen Entscheidung, so habe ihn auch Lagarde verstanden wissen wollen. Obwohl die Zinsen ein weiteres Mal angehoben worden seien, zeige sich die EZB in dieser Aussage sehr "dovish".
Bleibe die Tür für weitere Zinserhöhungen offen? Der Schlüsselsatz sei zwar recht eindeutig und besage, dass die "terminal rate" erreicht sei, aber die EZB habe sich die Tür für eine Änderung ihrer Politik offen gelassen und den bisherigen Satz in der Erklärung unverändert gelassen: "(Die EZB) wird weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen, um die angemessene Höhe und Dauer des Zinsniveaus zu bestimmen." Und in der Pressekonferenz sagte Lagarde auch "(...) wir können nicht sagen, dass wir jetzt den Höhepunkt erreicht haben."
Einordnung: Es sei keine Überraschung, dass die EZB die Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung offen lasse (alles andere wäre eine Überraschung gewesen). Dies entwerte nicht die recht klare Aussage, dass die Spitze des Zinsanhebungszyklus erreicht sei.
Entscheidung sehe nach einem Kompromiss aus: Die Entscheidung, die Zinssätze zu erhöhen und gleichzeitig zu betonen, dass das erreichte Niveau "einen wesentlichen Beitrag" zur weiteren Inflationsbekämpfung leisten werde, klinge wie ein Kompromiss zwischen den Tauben und Falken im EZB-Rat. Dafür spreche auch, dass die Mehrheit für diese Entscheidung nicht besonders komfortabel ausgefallen sei: "Ich kann Ihnen sagen, dass es eine solide Mehrheit gab, die der Entscheidung zustimmte ( ), jedoch hätten einige Gouverneure es vorgezogen, eine Pause einzulegen"
Neue Projektionen des EZB-Stabes: Die Inflationsprognose für 2023 und 2024 sei leicht nach oben und für 2025 leicht nach unten angepasst worden. Gründe hierfür seien vor allem die höheren Ölpreise und Ölfutures. Beim Wirtschaftswachstum hingegen habe man die Prognose für die drei Jahre jeweils nach unten revidiert. Gründe hierfür seien (i) eine drastische Verschlechterung der kurzfristigen Aussichten, wie man anhand von Frühindikatoren sehen könne, (ii) restriktivere Finanzierungsbedingungen und (iii) ein schwächerer Euro und eine schwächere globale Wirtschaft, die den Außenbeitrag schwäche.
Einordnung: Die Inflationsprognose sei insgesamt nur marginal nach oben angepasst worden und für 2025 sogar leicht nach unten, was signalisieren solle, dass die EZB auf dem richtigen Weg der Inflationsbekämpfung sei. Für das Wirtschaftswachstum sei vor allem die Prognose für 2024 nach unten angepasst worden, was dadurch zustande komme, dass man einen schlechten Abschluss des Jahres 2023 erwarte und es in 2024 daher schwieriger werde, ein starkes Wachstum auf Jahresbasis zu erzielen.
Sei von Zinssenkungen die Rede? "Das ist ein Wort, welches wir noch nicht mal in den Mund genommen haben."
Einordnung: Die EZB scheine nicht den Wunsch zu haben, Spekulationen über vorzeitige Zinssenkungen zu schüren. Für 2024 würden die Analysten der Hamburg Commercial Bank keine Zinssenkungen erwarten.
Zum Immobilienmarkt: "(Die höheren Zinsen) sind einer der Faktoren, die dazu geführt haben, dass sich der gesamte Immobiliensektor im Moment in einer schwierigen Situation befindet ( ), wir sind uns dessen bewusst." Aber: "Wir werden von der Notwendigkeit angetrieben, unser Mandat zu erfüllen ( )"
Einordnung: Das sei die typische Antwort, wenn ein Zentralbanker nach den Sorgen um einen bestimmten Sektor gefragt werde. Es sei nicht die Aufgabe der Zentralbank, individuelle Sektoren zu unterstützen, sondern sich um Preisstabilität zu bemühen.
Zu dem Arbeitsmarkt/den Unternehmensgewinnen: "Die Löhne der Arbeitnehmer (...) steigen weiterhin um 5,5% und die Erwerbsbeteiligung ist um 0,2% gestiegen. Wir beginnen, einige Anzeichen für eine Abschwächung des Einstellungsvolumens zu sehen." Und: "Allmählich werden die Gewinne schrumpfen, sodass (Spielraum entsteht) für steigende Löhne."
Einordnung: Lagarde verweise auf einen nach wie vor robusten Arbeitsmarkt, aber die Erwähnung von "Anzeichen einer Abschwächung" und "die Gewinne werden schrumpfen" bedeute, dass Lagarde zuversichtlich zu sein scheine, dass sich die Inflation weiterhin nachhaltig verlangsamen werde. (15.09.2023/alc/a/a)