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EZB-Zinsentscheidung: Rückgrat in stürmischen Zeiten?!


17.03.23 08:43
Nord LB

Hannover (www.anleihencheck.de) - Die aktuellen Finanzmarktturbulenzen kommen in Teilen unerwartet und für die EZB fast zur Unzeit, sind sie nach ihrer Auffassung jedoch nicht als weiterer "Schwarzer Schwan" zu bezeichnen, so die Analysten der NORD LB.

Der Rat steuere weiterhin auf seinem geldpolitischen Straffungskurs. Der hohe Preisdruck und die robuste ökonomische Aktivität würden den Notenbankern hier scheinbar den Weg weisen. Doch inwiefern diese Richtung auch zukünftig gehalten werde, sollte nach Dafürhalten der Analysten der NORD LB endlich einmal wirklich datenabhängig erfolgen. Da könne man die Äußerung Lagardes, nach der nach einer "robusten Entscheidung" für 50 Basispunkte der Blick auf die Daten erfolgen solle, fast schon bejubeln. Und zur Datenabhängigkeit müsse dann auch der Blick auf die Bankenlandschaft gehören. Denn wie man aus den Krisen der Vergangenheit wisse, sei zwar nicht jede Anspannung eine Krise, aber auch nicht jede Erholung ein Krisenende. Allein der Hinweis auf "Liquiditätshilfen für das Finanzsystem" könne in Analogie zum TPI als Beruhigungspille dienen und nachhaltig wirken. Sich darauf zu verlassen, wäre zu einfach. Abseits dieser Debatte müssten aber auch die anderen geldpolitischen Instrumente im Auge behalten werden. Die Reduktion der EZB-Bilanz werde schließlich unaufhaltsam vorangehen - dies könne künftig auch wie ein Zinsschritt wirken. Das Tempo müssten die Notenbanker mit Blick auf das APP für die zweite Jahreshälfte jedoch spätestens im Juni vorgeben.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und Unsicherheiten, werde es nunmehr für die EZB herausfordernder, diesen Straffungskurs weitestgehend marktneutral zu gestalten. Die Schritte dürfen nun kleiner werden, schließlich brauche jede Zinserhöhung für sich 12-18 Monate, um in der Realwirtschaft anzukommen. Zur Erinnerung: Der erste Zinsschritt sei im Juli 2022 erfolgt - sei somit gerade einmal neun Monate her - und habe noch gar nicht seine volle Entfaltungsmöglichkeit gehabt. Inflationsbekämpfung wirke nicht wie ein Lichtschalter "An/Aus", die Transmission sei eher langwierig. Damit die Bankenlandschaft aber nicht ihren nächsten "Schwarzen Schwan" erlebe, sollte mit Bedacht vorgegangen werden. Die Analysten der NORD LB würden sich mit weiteren +25bp im Mai wohlfühlen. Bis dahin sei genug Zeit, manch Bankbilanz in Ruhe zu durchleuchten, anstatt jetzt die Inflationsbekämpfung aus dem Fokus zu verlieren. Zudem würden die Analysten der NORD LB der EZB eine ruhige Hand bei den künftigen Entscheidungen wünschen, damit sie sich nicht vom Markt treiben lasse oder gar von einzelnen Medienvertretern, die schon vor dem Zinsentscheid zu wissen geglaubt hätten, dass die EZB von ihrem Kurs abweiche - welch ein Irrglaube auf der Jagd nach der nächsten Schlagzeile! (17.03.2023/alc/a/a)