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EZB: Nach der Erhöhung ist vor der Erhöhung


01.11.22 11:22
fairesearch

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die EZB hat am 27. Oktober 2022 ihre Leitzinsen erneut um 0,75% auf jetzt 2,0% erhöht. Doch das ist nicht das Ende. Die nächste Erhöhung in diesem Ausmaß dürfte noch in diesem Jahr erfolgen, so Dr. Eberhardt Unger von "fairesearch".

Der russische Krieg in der Ukraine wirke sich immer stärker auf die Konjunktur in den europäischen Volkswirtschaften aus. Vor uns steht eine längere Phase hoher Inflation bei mangelndem Wachstum, so die Experten von "fairesearch". Europas hoch entwickelte Volkswirtschaften würden nach einer Analyse des IWF im nächsten Jahr nur um 0,6% wachsen, während die Schwellenländer des Kontinents (mit Ausnahme der Türkei, Belarus, Russland, Ukraine) um nur 1,7% zulegen würden. Doch die Inflation bleibe überall unerträglich hoch.

Deutschland als die größte Volkswirtschaft Europas melde Ende Oktober einen Anstieg auf 10,4%. Für die Eurozone liege die harmonisierte Konsumentenpreis-Inflation Ende Oktober bei 10,7%. Alle Preisindices, die der Konsumentenebene zeitlich vorauseilen würden, seien noch höher und würden sich mit der Zeit durcharbeiten. Die Zwickmühle für die EZB werde immer unerträglicher. Wann die Inflationsrate wieder das Ziel von rund 2% erreichen werde, bleibe ungewiss.

Am steilen Verlauf der Kurve (Quelle: EZB) sei deutlich zu erkennen, dass insbesondere die Energiekosten die Inflationsentwicklung bestimmen würden. Und dies wiederum sei der Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zuzuschreiben. Diese Abhängigkeit zu senken und neue Energiequellen zu finden, sei die vordringlichste Aufgabe der Regierungen in Europa. Aus klimatischen Gründen sollten dies aber nur bedingt fossile Energien sein.

Größte Hoffnungen würden auf erneuerbare Energien zielen. Sonne und Wind stünden weiter im Vordergrund, doch die Zukunft könnte in der grünen Wasserstoff-Technologie liegen. Mit diesen Problemen beschäftige sich die ganze Welt. Die USA würden sich vordringlich mit einem neu entdeckten Vorkommen großen Ausmaßes von Erdöl beschäftigen.

Die Leitzinsen in den USA könnten noch auf 4,5%, die in der Eurozone auf 3% steigen. In langfristigen Vergleichen würden sich die Abstände zu den Renditen 10-jähriger Ausverkauf zu den Leitzinsen auf 1,5 Prozentpunkte errechnen. Damit seien am Rentenmarkt die Risiken für eine neue Anlage am größten.

Disposition: Die derzeitige Konstellation der Einflussfaktoren auf die Finanzmärkte biete keinen günstigen Hintergrund für die Aktienmärkte. Gemessen am DAX befinde sich der Markt schon seit Anfang des Jahres in einem Abwärtstrend, der ab und zu durch Zwischenerholungen - wie gegenwärtig - wieder teilweise korrigiert werde. Aber eine Konjunkturberuhigung oder gar mögliche Rezession bei steigenden Leitzinsen könne dem Markt keine positiven Impulse verleihen.

Die Inflation bewirke fallende Unternehmensgewinne durch Kostensteigerungen. Einige Gewinnwarnungen wären in nächster Zeit keine Überraschung. Die einzige Ausnahme biete der Kauf von Erzeugern erneuerbarer Energien. Die Zukunft für das ganze Energieproblem könnte die Wasserstofftechnologie bieten. Der Goldpreis zeige seit Jahresbeginn immer noch die beste Performance unter allen Anlagen. (Ausgabe vom 31.10.2022) (01.11.2022/alc/a/a)