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Dichter Herbstnebel über den Kapitalmärkten
03.11.23 10:05
Euroswitch
Frankfurt am Main (www.anleihencheck.de) - Zinsentwicklung, Rezessionsgefahr, Nahostkonflikt - diese Unsicherheiten und Interdependenzen lassen Anleger auf den Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkte im herbstlichen Nebel stochern. Laut Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch, sind viele Probleme allerdings hausgemacht.
"Für eine Lösung stehen sich die Politiker nur selbst im Weg. Ob erneuter potenzieller Shutdown in den USA oder eine politisch induzierte Vollbremsung in Europa - ein Weg zu mehr Pragmatismus würde signifikante Potenziale heben."
Zinsen böten nach Meinung des Fondsmanagers für kurze Laufzeiten interessante Alternativen, lange Laufzeiten sogar Opportunitäten, falls es wieder zu Zinssenkungen käme. Aktien seien schwieriger zu beurteilen, da die Indices durch wenige Titel verzerrt würden und auch das Anlegerverhalten irritiere. Rund 10 Prozent hätten die Aktienmärkte in den letzten Wochen von ihren Höchstständen durchschnittlich verloren - eine sogenannte technische Korrektur. Doch Böckelmann wisse: "Hinter der durchschnittlichen Zahl verbirgt sich jedoch eine extreme Achterbahnfahrt bei einigen Aktientiteln, wenn deren Berichterstattung die Erwartung der Marktteilnehmer verfehlte. Positive Überraschungen wurden im normalen Rahmen honoriert, negative hingegen brutal abgestraft."
So hätten Börsenlieblinge wie Tesla ein Fünftel an Wert, europäische Maschinenbauer wie Alstom oder Siemens Energy um die 40 Prozent verloren. Neben den Unternehmensberichten hätten die Marktteilnehmer sehr sensibel auf abgesenkte Kursziele von Analysten reagiert. Der Experte dazu: "Dabei dürfte dies eigentlich niemanden verwundern - allein die gestiegenen Zinsen senken über die Diskontierung das potenzielle Kursziel einer Aktie, daneben wirken konjunkturelle Effekte, die sich tendenziell eintrüben. Alles in allem deuten die teils starken Kursverluste auf eine gewisse Naivität, mit der einige Marktteilnehmer die Veröffentlichungen betrachten."
Die aktuell veröffentlichten Einkaufsmanagerindices in den USA würden nach überraschend starkem Wirtschaftswachstum auf die zunehmende Gefahr einer Kontraktion deuten. Gleichzeitig sei die Inflation unter 4 Prozent gesunken. Europa verzeichne bei der Inflation mit 2,9 Prozent sogar erstmals wieder einen Wert mit einer 2 vor dem Komma, gleichzeitig befinde sich die Wirtschaft in einer Stagnation mit rezessiver Tendenz. "In den USA dürfte mittelfristig der wachstumsstärkende Effekt einer ausufernden Staatsverschuldung abklingen, die bislang der strengen Geldpolitik entgegenläuft", schätze Böckelmann.
Seit der globalen Finanzkrise seien die US-Staatsschulden um 250 Prozent gestiegen und mit gestiegenen Zinsen dürften auch die zukünftigen Zinslasten im Staatshaushalt in einem Ausmaß steigen, dass die Flexibilität zukünftiger Regierungen gefährdet sei. "Als mögliche Reaktionen bleiben nur schwere Einschnitte bei den Ausgaben, starke Steuererhöhungen oder eine Schuldenreform", prognostiziere der Fondsmanager. Und weiter: "Derartige Szenarien spielen an den Märkten bislang keine große Rolle - dennoch wird es zunehmend schwieriger, Käufer für neue Staatsanleihen zu finden, da sich die Notenbank als bislang größter Gläubiger dank ihrer strengen Geldpolitik zurückgezogen hat."
In Europa seien die Staatsschulden seit 2008 um durchschnittlich 50 Prozent gestiegen, auch hier sehe Böckelmann, dass sich Herausforderungen bei der Anschlussfinanzierung und vor allem höhere Zinslasten abzeichnen würden, sollten in den Staatshaushalten unverändert Ausgabenerhöhungen geplant sein.
Indikatoren zum Wirtschaftswachstum würden eine Abschwächung signalisieren, die in Verbindung mit sinkender Inflation einen Nährboden für potenzielle Zinssenkungen bilde. "Entscheidend ist die Frage, inwieweit sich die Notenbanken von den ersten schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft beeindrucken lassen oder die Angst schwerer wiegt, wie in den 70er Jahren zu früh die Zinsen zu senken, um dann von einer erneuten stärkeren Inflationswelle überrollt zu werden. Nachdenklich stimmt, dass bei einer weiteren Eskalation des Nahostkonfliktes viele Zutaten bereitstehen wie in den 70er Jahren, als eine Stagflation vorherrschte. Rein zahlenbasiert spricht vieles für eine entspanntere Geldpolitik in den kommenden zwölf Monaten, was die Märkte unterstützen sollte", fasse der Experte abschließend zusammen. (03.11.2023/alc/a/a)
"Für eine Lösung stehen sich die Politiker nur selbst im Weg. Ob erneuter potenzieller Shutdown in den USA oder eine politisch induzierte Vollbremsung in Europa - ein Weg zu mehr Pragmatismus würde signifikante Potenziale heben."
Zinsen böten nach Meinung des Fondsmanagers für kurze Laufzeiten interessante Alternativen, lange Laufzeiten sogar Opportunitäten, falls es wieder zu Zinssenkungen käme. Aktien seien schwieriger zu beurteilen, da die Indices durch wenige Titel verzerrt würden und auch das Anlegerverhalten irritiere. Rund 10 Prozent hätten die Aktienmärkte in den letzten Wochen von ihren Höchstständen durchschnittlich verloren - eine sogenannte technische Korrektur. Doch Böckelmann wisse: "Hinter der durchschnittlichen Zahl verbirgt sich jedoch eine extreme Achterbahnfahrt bei einigen Aktientiteln, wenn deren Berichterstattung die Erwartung der Marktteilnehmer verfehlte. Positive Überraschungen wurden im normalen Rahmen honoriert, negative hingegen brutal abgestraft."
Die aktuell veröffentlichten Einkaufsmanagerindices in den USA würden nach überraschend starkem Wirtschaftswachstum auf die zunehmende Gefahr einer Kontraktion deuten. Gleichzeitig sei die Inflation unter 4 Prozent gesunken. Europa verzeichne bei der Inflation mit 2,9 Prozent sogar erstmals wieder einen Wert mit einer 2 vor dem Komma, gleichzeitig befinde sich die Wirtschaft in einer Stagnation mit rezessiver Tendenz. "In den USA dürfte mittelfristig der wachstumsstärkende Effekt einer ausufernden Staatsverschuldung abklingen, die bislang der strengen Geldpolitik entgegenläuft", schätze Böckelmann.
Seit der globalen Finanzkrise seien die US-Staatsschulden um 250 Prozent gestiegen und mit gestiegenen Zinsen dürften auch die zukünftigen Zinslasten im Staatshaushalt in einem Ausmaß steigen, dass die Flexibilität zukünftiger Regierungen gefährdet sei. "Als mögliche Reaktionen bleiben nur schwere Einschnitte bei den Ausgaben, starke Steuererhöhungen oder eine Schuldenreform", prognostiziere der Fondsmanager. Und weiter: "Derartige Szenarien spielen an den Märkten bislang keine große Rolle - dennoch wird es zunehmend schwieriger, Käufer für neue Staatsanleihen zu finden, da sich die Notenbank als bislang größter Gläubiger dank ihrer strengen Geldpolitik zurückgezogen hat."
In Europa seien die Staatsschulden seit 2008 um durchschnittlich 50 Prozent gestiegen, auch hier sehe Böckelmann, dass sich Herausforderungen bei der Anschlussfinanzierung und vor allem höhere Zinslasten abzeichnen würden, sollten in den Staatshaushalten unverändert Ausgabenerhöhungen geplant sein.
Indikatoren zum Wirtschaftswachstum würden eine Abschwächung signalisieren, die in Verbindung mit sinkender Inflation einen Nährboden für potenzielle Zinssenkungen bilde. "Entscheidend ist die Frage, inwieweit sich die Notenbanken von den ersten schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft beeindrucken lassen oder die Angst schwerer wiegt, wie in den 70er Jahren zu früh die Zinsen zu senken, um dann von einer erneuten stärkeren Inflationswelle überrollt zu werden. Nachdenklich stimmt, dass bei einer weiteren Eskalation des Nahostkonfliktes viele Zutaten bereitstehen wie in den 70er Jahren, als eine Stagflation vorherrschte. Rein zahlenbasiert spricht vieles für eine entspanntere Geldpolitik in den kommenden zwölf Monaten, was die Märkte unterstützen sollte", fasse der Experte abschließend zusammen. (03.11.2023/alc/a/a)