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Die Bankenlandschaft sieht völlig anders aus als 2008


17.03.23 12:00
RBC BlueBay Asset Management

London (www.anleihencheck.de) - Nach dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) kam es zu wilden Kursbewegungen an den Finanzmärkten, so Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management.

Die Befürchtung eines Ansturms auf die Einlagen anderer regionaler Banken habe die Sorge ausgelöst, dass man Zeugen eines systemischen Ereignisses mit weitreichenden Folgen für die Wirtschaft werden könnte.

Die von der US-Notenbank Federal Reserve und dem Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation ergriffenen Maßnahmen zum Schutz nicht versicherter Einlagen hätten jedoch dazu beigetragen, einige dieser Bedenken zu zerstreuen.

Die Wurzeln des Zusammenbruchs der SVB scheinen in chronischen Versäumnissen im Risikomanagement zu liegen. Es handle sich wohl um ein isoliertes Ereignis: Zwar habe man in den vergangenen Tagen eine gewisse Einlagenflucht aus kleineren Instituten beobachtet. Es sei aber beruhigend, dass weitere Bankenpleiten vermieden worden seien.

Auf der anderen Seite des Atlantiks sei die Credit Suisse erheblich unter Druck geraten. Das angeschlagene Institut leide schon seit einiger Zeit unter Negativmeldungen und Vertrauensverlust. Nun habe sich die Schweizerische Nationalbank zur Ankündigung von Liquiditätshilfen gezwungen gesehen, um eine Todesspirale bei der Bank abzuwenden.

Die Krisen bei der SVB und der Credit Suisse hätten Erinnerungen an 2008 geweckt. In Wahrheit aber seien die heutigen Probleme ganz anderer Natur. Damals seien die Banken deutlich weniger stark reguliert, übermäßig verschuldet und schlecht kapitalisiert gewesen. Darüber hinaus seien es die Wertminderungen bei US-Hypotheken gewesen, die als Katalysator gewirkt und den Zusammenbruch ausgelöst hätten. Im Jahr 2023 sehe die Bankenlandschaft völlig anders aus.

Allgemein herrsche das Gefühl vor: Wenn die SVB ein Einzelfall sei, werde er innerhalb der nächsten Wochen weitgehend vergessen sein. Aus Sicht der Experten lägen daher alle falsch, die behaupten, der Zusammenbruch der Bank sei ein Zeichen für eine bevorstehende Rezession und erfordere einen geldpolitischen Kurswechsel der FED.

Auch wenn die Kreditvergabestandards strenger würden und dies auf eine weitere Verschärfung der finanziellen Bedingungen schließen lasse: In der Realwirtschaft selbst habe sich wohl nicht allzu viel verändert. Der FED-Vorsitzende Jerome Powell habe erst vor einer Woche vor dem US-Kongress gesagt, dass die Zinssätze im Laufe der kommenden Monate möglicherweise weiterhin deutlich höher liegen müssten als heute.

Die Experten seien ziemlich sicher, dass der Offenmarktausschuss der US-Notenbank nächste Woche eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte vornehmen werde. Ihrer Meinung nach würden die Zinssätze in den kommenden Monaten einen Höchststand von fast 5,5 Prozent erreichen und dann mindestens einige Quartale lang auf diesem Niveau bleiben.

In der Eurozone habe die Europäische Zentralbank wie allgemein erwartet die Zinsen um 50 Basispunkte angehoben und damit den Einlagensatz auf 3 Prozent erhöht. Da die Kerninflation weiterhin problematisch sei, würden die Experten mit weiteren Schritten rechnen. Im Sommer dürfte dann bei 3,75 Prozent der Höhepunkt erreichen sein. Entscheidungsträger würden immer wieder auf die überraschende Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft der Eurozone und die damit einhergehende robuste Inflation hinweisen.

Es bestehe die Sorge, dass die Geldpolitik hinterherhinke. Die Experten seien aber der Meinung, dass sich das Tempo der Zinserhöhungen nun verlangsamen sollte. Die Zinssätze lägen aktuell deutlich über dem Wert, den der EZB-Rat als erwarteten langfristigen neutralen Zins ansehe. Natürlich könnte jede Bedrohung für die europäischen Banken diesen Kurs gefährden. Abgesehen von den Geschehnissen bei der Credit Suisse würden die Experten jedoch nicht viele Gründe zur Besorgnis sehen. (17.03.2023/alc/a/a)