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Anleihemarkt: Zeit, nach vorne zu schauen
23.11.22 11:00
Degroof Petercam
Brüssel (www.anleihencheck.de) - Die Anleiheinvestoren mussten im laufenden Jahr einiges einstecken, so Peter De Coensel, CEO von DPAM.
Wenn man die wichtigsten Indices betrachte, sehe die Bilanz seit Jahresbeginn bis heute wie folgt aus: Europäische Staatsanleihen seien um 14,64% zurückgegangen, europäische IG-Unternehmensanleihen seien um 13,23% gefallen. Europäische Hochzinsanleihen hätten sich gut gehalten und um 11,85% korrigiert. Das European Aggregate-Universum habe 16,18% verloren. Der in Euro denominierte Global Aggregate Index habe von einer starken USD-Allokation von etwa 44% profitiert, die den Rückgang auf 9,13% begrenzt habe. Der globale EM-Staatsanleiheindex habe am besten widerstanden und ist nur um 6,75% zurückgegangen.
Eine USD-Währungsposition hätte neben dem Beta von HY- und EM-Anleihen den relativen Wertverlust begrenzen können. Diversifikationsvorteile in Anleihesektoren mit höherer Volatilität zu suchen, zahle sich aus, wenn man aktiv versuche, die Exponierung gegenüber unabhängigen Risikofaktoren zu maximieren. Im Jahr 2022 sei die Korrelation zwischen den Anlageklassen Aktien und Anleihen positiv gewesen. Vereinzelt hätten Anleger nach vorteilhaften negativen Korrelationsprofilen suchen können.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hätten die Märkte den Höchststand der FED Funds Rate für das erste Halbjahr 2023 bei 5,00% und für die EZB bei 3,00% eingepreist. Wenn man den FED-Pfad über die Jahre 2023-2024 näher betrachte, stelle man fest, dass das Delta der 3-Monats-Eurodollar-Kontrakte von Juni 2023 bis Juni 2024 Zinssenkungen von 100 Basispunkten über diesen Zeitraum impliziere. Weiterhin sei für den Eurodollar-Strip von Juni 2025 bis Juni 2027 ein stabiler 3-Monats-Satz um die 3,5% zu beobachten. Eine interessante Überlegung: Könnte sich die langfristig neutrale FED Funds Rate von 2,5% nach oben verschieben? Wie dem auch sei, stabile 3-Monats-Sätze um 3,5% würden 0,00% reale kurzfristige Zinsen bei einer hartnäckigen Inflation von 3,5% implizieren. Das sei weit entfernt von dem Inflationsziel von 2,00%, das die FED anstrebe.
Nach übereinstimmenden Erwartungen von Ökonomen werde für 2023 global ein reales Wachstum zwischen 1,9% und 2,5% erwartet. Nach historischen Maßstäben bedeute dies eine Rezession. Die realen Wachstumsraten der EU und der USA für das nächste Jahr würden sich bei 0,00% einpendeln. Wenn die Zentralbanken höhere Leitzinsen anstreben würden als heute eingepreist seien, werde die Wahrscheinlichkeit einer Rezession steigen und langanhaltende negative Ergebnisse würden die Marktbewertungen beeinflussen und die Stabilität der Finanzmärkte erschüttern. Wie bereits erwähnt, seien sich die Zentralbanker solcher nicht-linearer, riskanter Ergebnisse durchaus bewusst. Dies erkläre die zunehmende Divergenz der Aussagen der Zentralbankpräsidenten. Einige würden zu Tauben, andere würden Falken bleiben.
Es liege auf der Hand, dass die Zentralbanken in dem Moment, in dem sich der Konjunkturzyklus abschwäche, weniger geneigt sein könnten, die Leitzinsen zu senken... Es werde immer deutlicher, dass der Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Welt mit Fragezeichen hinsichtlich der Angebotsunsicherheit und mangelnder Flexibilität behaftet sei. Der Preis für die Eindämmung des Klimawandels und insbesondere für die Anpassung werde hoch sein. Der Investitionsaufwand müsse sich bis 2040 in den Schlüsselsektoren Energie, Stahl, Zement, Bauwesen und Verkehr zwischen +30% und +50% einpendeln. Wenn der Unternehmenssektor seine Gewinnspannen beibehalte, sei der Druck auf den Verbraucherpreisindex nicht mehr aufzuhalten. Eine Rückkehr zu einer stabilen Inflationsrate von 2,00% werde daher nur schwer zu erreichen sein. Es stelle sich daher die Frage, wie der derzeitige Wert, der auf den Zinsmärkten angeboten werde, zu bewerten sei. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei ein Blick auf die Terminkurse.
Zur Berechnung der Terminkurse oder Gleichgewichtszinssätze benötige man die Renditen bis zur Fälligkeit und die Anzahl der Jahre, die bis zur Fälligkeit der Anleihen verbleiben würden. Peter De Coensel werde nicht auf die Formeln eingehen, sondern dies anhand eines Beispiels aus der Praxis erklären. Man könne in die aktuelle Rendite einer 5-jährigen US-Staatsanleihe zu genau 4,00% oder in eine 10-jährige US-Staatsanleihe zu 3,83% investieren. Welche Laufzeit sollt man wählen? Dazu müsse man berechnen, bei welchem 5-Jahres-Zinssatz Sie in fünf Jahren zwischen den beiden Anlagemöglichkeiten neutral sein würden.
Dieser 5Y5Y-Gleichgewichtszinssatz oder Terminkurs liege heute bei 3,60%. Wenn man also heute zu 4,00% und im November 2027 zu 3,60% investiere, habe man für die nächsten 5 Jahre das gleiche Ergebnis wie bei einer heutigen Anlage in 10-jährige US-Staatsanleihen zu 3,83%. Wenn man jedoch davon ausgehe, dass der 5-Jahres-Zinssatz in 5 Jahren unter 3,60% liegen werde, sollte man heute in 10-jährige US-Staatsanleihen investieren. Bei einer gegenläufigen Erwartung eines 5-Jahres-Zinssatzes von höher als 3,60% für den November 2027 sollte man heute für fünf Jahre zu 4,00% investieren.
Man werde feststellen, dass die zukünftigen Gleichgewichtszinssätze niedriger seien als die aktuellen Kassazinssätze, wenn man es mit einer inversen Zinskurve zu tun habe, wie es heute in den USA der Fall sei. Sei die Renditekurve positiv geneigt, seien die Terminkurse höher als die aktuellen Kassakurse. Das Gleiche gelte für US-Inflationsswaps mit 5-Jahres-Terminkursen von 2,50% gegenüber 5-Jahres-Nullkupon-Swaps von 2,53% und 10-Jahres-Nullkupon-Swaps von 2,52%: eine wirklich flache Struktur, die eine längerfristige Inflation (zwischen 2027 und 2032) um 2,5% erfordere.
In Europa stehe man aufgrund des fragmentierten Marktes für Staatsanleihen der Eurozone vor mehreren Optionen. Die deutsche Renditekurve sei mehr oder weniger flach. Mit einer 5-Jahres-Bund-Rendite von 2,08% und einer 10-Jahres-Bund-Rendite von 2,01% liege der 5-Jahres-Terminkurs oder Gleichgewichtszinssatz bei 2,07%. Das mache eine Entscheidung schwierig. Betrachte man jedoch die spanische Renditekurve, so ergebe sich heute eine schöne positive Steigung. Bei einer 5-Jahres-Rendite von 2,50% und einer 10-Jahres-Rendite von 3,00% ergebe sich ein relativ hoher 5-Jahres-Terminkurs oder Gleichgewichtszinssatz von 3,52%. Bei einer 10-jährigen Rendite von 3,00% liege der spanische 5-Jahres-Terminkurs fast auf dem Niveau des 5-Jahres-Satzes des US-Schatzamtes, ohne dass ein Währungsrisiko bestehe.
Die Anleihemärkte hätten ein Stadium erreicht, in dem die Bewertungen ausreichend attraktive reale Performanceprofile ermöglichen würden. Profile, die etwas höhere Inflationspfade in den USA und in der EU berücksichtigen würden. Mit einem 5Y5Y-Termin-Swapsatz für die EUR-Inflation von 2,30% gegenüber 2,50% in den USA stelle man fest, dass beide leicht über dem langfristigen Ziel der jeweiligen Zentralbanken liegen würden.
Die Fixierung von Spreads in den Sektoren IG-, HY- und EM-Anleihen eröffne das Potenzial, Überrenditen zu erzielen. Diese Überrenditen müssten an das höhere Volatilitätsprofil angepasst werden. Bei einer angemessenen, aktiven Wertpapierauswahl könne das Risikoprofil sinken und so die Überrenditen erhöht werden.
Zugegebenermaßen seien die aktuellen Bewertungen von OECD-Staatsanleihen auf ein akzeptables Niveau zurückgekehrt, das etwas höhere längerfristige Inflationsszenarien berücksichtige... nicht durchschnittliche längerfristige Inflationspfade über 3,00%. Die Anleger müssten höhere Bonitäts- und Zinskurvenrisiken eingehen, um sich gegen höhere Inflationsszenarien zu schützen. (23.11.2022/alc/a/a)
Wenn man die wichtigsten Indices betrachte, sehe die Bilanz seit Jahresbeginn bis heute wie folgt aus: Europäische Staatsanleihen seien um 14,64% zurückgegangen, europäische IG-Unternehmensanleihen seien um 13,23% gefallen. Europäische Hochzinsanleihen hätten sich gut gehalten und um 11,85% korrigiert. Das European Aggregate-Universum habe 16,18% verloren. Der in Euro denominierte Global Aggregate Index habe von einer starken USD-Allokation von etwa 44% profitiert, die den Rückgang auf 9,13% begrenzt habe. Der globale EM-Staatsanleiheindex habe am besten widerstanden und ist nur um 6,75% zurückgegangen.
Eine USD-Währungsposition hätte neben dem Beta von HY- und EM-Anleihen den relativen Wertverlust begrenzen können. Diversifikationsvorteile in Anleihesektoren mit höherer Volatilität zu suchen, zahle sich aus, wenn man aktiv versuche, die Exponierung gegenüber unabhängigen Risikofaktoren zu maximieren. Im Jahr 2022 sei die Korrelation zwischen den Anlageklassen Aktien und Anleihen positiv gewesen. Vereinzelt hätten Anleger nach vorteilhaften negativen Korrelationsprofilen suchen können.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hätten die Märkte den Höchststand der FED Funds Rate für das erste Halbjahr 2023 bei 5,00% und für die EZB bei 3,00% eingepreist. Wenn man den FED-Pfad über die Jahre 2023-2024 näher betrachte, stelle man fest, dass das Delta der 3-Monats-Eurodollar-Kontrakte von Juni 2023 bis Juni 2024 Zinssenkungen von 100 Basispunkten über diesen Zeitraum impliziere. Weiterhin sei für den Eurodollar-Strip von Juni 2025 bis Juni 2027 ein stabiler 3-Monats-Satz um die 3,5% zu beobachten. Eine interessante Überlegung: Könnte sich die langfristig neutrale FED Funds Rate von 2,5% nach oben verschieben? Wie dem auch sei, stabile 3-Monats-Sätze um 3,5% würden 0,00% reale kurzfristige Zinsen bei einer hartnäckigen Inflation von 3,5% implizieren. Das sei weit entfernt von dem Inflationsziel von 2,00%, das die FED anstrebe.
Nach übereinstimmenden Erwartungen von Ökonomen werde für 2023 global ein reales Wachstum zwischen 1,9% und 2,5% erwartet. Nach historischen Maßstäben bedeute dies eine Rezession. Die realen Wachstumsraten der EU und der USA für das nächste Jahr würden sich bei 0,00% einpendeln. Wenn die Zentralbanken höhere Leitzinsen anstreben würden als heute eingepreist seien, werde die Wahrscheinlichkeit einer Rezession steigen und langanhaltende negative Ergebnisse würden die Marktbewertungen beeinflussen und die Stabilität der Finanzmärkte erschüttern. Wie bereits erwähnt, seien sich die Zentralbanker solcher nicht-linearer, riskanter Ergebnisse durchaus bewusst. Dies erkläre die zunehmende Divergenz der Aussagen der Zentralbankpräsidenten. Einige würden zu Tauben, andere würden Falken bleiben.
Es liege auf der Hand, dass die Zentralbanken in dem Moment, in dem sich der Konjunkturzyklus abschwäche, weniger geneigt sein könnten, die Leitzinsen zu senken... Es werde immer deutlicher, dass der Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Welt mit Fragezeichen hinsichtlich der Angebotsunsicherheit und mangelnder Flexibilität behaftet sei. Der Preis für die Eindämmung des Klimawandels und insbesondere für die Anpassung werde hoch sein. Der Investitionsaufwand müsse sich bis 2040 in den Schlüsselsektoren Energie, Stahl, Zement, Bauwesen und Verkehr zwischen +30% und +50% einpendeln. Wenn der Unternehmenssektor seine Gewinnspannen beibehalte, sei der Druck auf den Verbraucherpreisindex nicht mehr aufzuhalten. Eine Rückkehr zu einer stabilen Inflationsrate von 2,00% werde daher nur schwer zu erreichen sein. Es stelle sich daher die Frage, wie der derzeitige Wert, der auf den Zinsmärkten angeboten werde, zu bewerten sei. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei ein Blick auf die Terminkurse.
Dieser 5Y5Y-Gleichgewichtszinssatz oder Terminkurs liege heute bei 3,60%. Wenn man also heute zu 4,00% und im November 2027 zu 3,60% investiere, habe man für die nächsten 5 Jahre das gleiche Ergebnis wie bei einer heutigen Anlage in 10-jährige US-Staatsanleihen zu 3,83%. Wenn man jedoch davon ausgehe, dass der 5-Jahres-Zinssatz in 5 Jahren unter 3,60% liegen werde, sollte man heute in 10-jährige US-Staatsanleihen investieren. Bei einer gegenläufigen Erwartung eines 5-Jahres-Zinssatzes von höher als 3,60% für den November 2027 sollte man heute für fünf Jahre zu 4,00% investieren.
Man werde feststellen, dass die zukünftigen Gleichgewichtszinssätze niedriger seien als die aktuellen Kassazinssätze, wenn man es mit einer inversen Zinskurve zu tun habe, wie es heute in den USA der Fall sei. Sei die Renditekurve positiv geneigt, seien die Terminkurse höher als die aktuellen Kassakurse. Das Gleiche gelte für US-Inflationsswaps mit 5-Jahres-Terminkursen von 2,50% gegenüber 5-Jahres-Nullkupon-Swaps von 2,53% und 10-Jahres-Nullkupon-Swaps von 2,52%: eine wirklich flache Struktur, die eine längerfristige Inflation (zwischen 2027 und 2032) um 2,5% erfordere.
In Europa stehe man aufgrund des fragmentierten Marktes für Staatsanleihen der Eurozone vor mehreren Optionen. Die deutsche Renditekurve sei mehr oder weniger flach. Mit einer 5-Jahres-Bund-Rendite von 2,08% und einer 10-Jahres-Bund-Rendite von 2,01% liege der 5-Jahres-Terminkurs oder Gleichgewichtszinssatz bei 2,07%. Das mache eine Entscheidung schwierig. Betrachte man jedoch die spanische Renditekurve, so ergebe sich heute eine schöne positive Steigung. Bei einer 5-Jahres-Rendite von 2,50% und einer 10-Jahres-Rendite von 3,00% ergebe sich ein relativ hoher 5-Jahres-Terminkurs oder Gleichgewichtszinssatz von 3,52%. Bei einer 10-jährigen Rendite von 3,00% liege der spanische 5-Jahres-Terminkurs fast auf dem Niveau des 5-Jahres-Satzes des US-Schatzamtes, ohne dass ein Währungsrisiko bestehe.
Die Anleihemärkte hätten ein Stadium erreicht, in dem die Bewertungen ausreichend attraktive reale Performanceprofile ermöglichen würden. Profile, die etwas höhere Inflationspfade in den USA und in der EU berücksichtigen würden. Mit einem 5Y5Y-Termin-Swapsatz für die EUR-Inflation von 2,30% gegenüber 2,50% in den USA stelle man fest, dass beide leicht über dem langfristigen Ziel der jeweiligen Zentralbanken liegen würden.
Die Fixierung von Spreads in den Sektoren IG-, HY- und EM-Anleihen eröffne das Potenzial, Überrenditen zu erzielen. Diese Überrenditen müssten an das höhere Volatilitätsprofil angepasst werden. Bei einer angemessenen, aktiven Wertpapierauswahl könne das Risikoprofil sinken und so die Überrenditen erhöht werden.
Zugegebenermaßen seien die aktuellen Bewertungen von OECD-Staatsanleihen auf ein akzeptables Niveau zurückgekehrt, das etwas höhere längerfristige Inflationsszenarien berücksichtige... nicht durchschnittliche längerfristige Inflationspfade über 3,00%. Die Anleger müssten höhere Bonitäts- und Zinskurvenrisiken eingehen, um sich gegen höhere Inflationsszenarien zu schützen. (23.11.2022/alc/a/a)