Die Inflation wird langfristig höher sein


27.01.23 11:47
BlueBay Asset Management

London (www.anleihencheck.de) - In der vergangenen Woche war es am Kapitalmarkt relativ ruhig, so Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management.

Viele asiatische Börsen seien wegen des Mondneujahr-Festes geschlossen gewesen. Außerdem würden die Marktteilnehmer auf die Ergebnisse der Zentralbanksitzungen auf beiden Seiten des Atlantiks in der kommenden Woche warten.

Insgesamt scheine vieles auf eine gewisse Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit hinzudeuten. Die Rezessionsängste aber würden nachlassen und es bestehe Hoffnung, dass die Inflation in den kommenden Monaten zurückgehen werde.

Hinsichtlich der US-Notenbank FED spüre Dowding eine gewisse Besorgnis innerhalb des Offenmarktausschusses (FOMC), dass eine Verlangsamung des Tempos der Zinserhöhungen in den Augen der Marktteilnehmer einer geldpolitischen Lockerung gleichkomme.

Ein Zinsschritt von 50 Basispunkten auf der bevorstehenden Tagung könnte ein Schock sein. Viel wahrscheinlicher erscheine Dowding eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte, begleitet von einer restriktiveren Rhetorik.

Die Kapitalmärkte würden in den USA einen Höchststand der Zinssätze von knapp unter 5 Prozent erwarten. Aus Sicht von Dowding bestehe viel Spielraum für eine Enttäuschung dieser Prognosen - es sei denn, es komme zu einer wesentlich stärkeren Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) werde eine relativ restriktive Rhetorik nutzen, wenn sie am kommenden Donnerstag die Zinsen um 50 Basispunkte anhebe. Obwohl die niedrigeren Energiepreise die Inflationsaussichten deutlich verbessern würden, bleibe die Kerninflation erhöht und könnte in den Augen vieler Entscheidungsträger noch einige Quartale lang eine restriktive Geldpolitik erfordern.

Dass sich die Wirtschaft weiterhin recht gut halte, könnte den Zentralbanken wie der EZB mehr Spielraum geben, um kurzfristig aggressiver vorzugehen und zu einem früheren Zeitpunkt eine Pause einzulegen. Vor diesem Hintergrund gehe Dowding nach wie vor davon aus, dass die Fed Funds Rate im Frühjahr einen Höchststand von knapp über 5 Prozent und der Einlagensatz der EZB einen Wert von 3,5 Prozent erreichen werde, bevor die Währungshüter in den folgenden sechs Monaten pausieren würden.

Aus Sicht von Dowding würden Zinssenkungen erst später im vierten Quartal ein Thema sein - wenn sich das Wachstum verlangsame, der Arbeitsmarkt abgekühlt habe und die Kerninflation dem Ziel von 2 Prozent deutlich näher komme.

Dowding habe daher im Vorfeld der Zentralbanksitzungen in der kommenden Woche unser Engagement in Long-Positionen reduziert, die im vergangenen Monat positive Renditen erzielt hätten. Dies gelte für Unternehmens- und Staatsanleihen, wo Neuemissionen relativ gut abgeschnitten hätten.

Grundsätzlich würden zahlreiche Anleger davon ausgehen, dass die Inflation nach 2023 in der Spanne von 0 bis 2 Prozent liegen werde, wie es über weite Strecken des vergangenen Jahrzehnts der Fall gewesen sei. Dowding sei jedoch weit weniger zuversichtlich, dass dies eintreten werde.

Es habe einige starke Trends gegeben, die die Inflation in den vergangenen zehn Jahren nach unten gedrückt hätten. Diese hätten nun möglicherweise nachgelassen oder würden sogar beginnen, sich umzukehren. Einer dieser Faktoren sei die zunehmende Globalisierung gewesen. Dowding bezweifle zwar, dass es hier zu einer Umkehr kommen werde. Allerdings sei er der Meinung, dass sie ihren Höhepunkt bereits überschritten haben könnte. Die Zukunft dürfte eher in einer multipolaren Weltwirtschaft liegen, da sich die USA und China immer weiter voneinander entfernen würden.

In Kombination mit einer veränderten Lagerhaltung bei den Unternehmen und dem höheren Stellenwert von Nachhaltigkeit könnte die Inflation in den kommenden zehn Jahren eher auf einem Niveau von 2 bis 4 Prozent liegen - im Gegensatz zu den früheren Werten von 0 bis 2 Prozent. (27.01.2023/alc/a/a)