Erweiterte Funktionen

Feiern Anleihen im Jahr 2023 ihr grosses Comeback?


26.01.23 12:21
Merck Finck

München (www.anleihencheck.de) - Nach dem katastrophalen Jahr 2022 sieht die Ausgangslage für die Anleihemärkte in diesem Jahr überaus konstruktiv aus, so Robin Beugels, Leiter Investment Management bei Merck Finck - a Quintet Private Bank.

Das sei zumindest die Erwartung vieler Marktbeobachter. Und tatsächlich sei eine relativ breite Erholung zu erwarten, nachdem im vergangenen Jahr fast durchweg zweistellige Verluste zu Buche gestanden seien. Aber: Neben viel Licht werde es auch viel Schatten geben. Anleger sollten vorsichtig bleiben und ihre Anleiheinvestments weiterhin selektiv vornehmen.

Die wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen schienen zunächst eine eindeutige Sprache zu sprechen: Historisch hohe Inflationsraten und Leitzinsanhebungen im Rekordtempo hätten zum stärksten Zinsanstieg geführt, den die Kapitalmärkte in den vergangenen 20 Jahren erlebt hätten. Die Folge: sinkende Anleihekurse, höhere nominale Renditen. Doch in den USA habe sich im 4. Quartal aufgrund der beginnenden Abschwächung der Inflation eine erste Erholung der Anleihekurse gezeigt. Die Entwicklung in Europa dürfte, wenn auch verzögert, in die gleiche Richtung laufen.

Vor allem durch eine Entspannung bei den Energiepreisen hätten sich die Konjunktursorgen allerdings über den Jahreswechsel weiter abgeschwächt, wodurch an den Märkten die Hoffnung auf eine weniger restriktive Geldpolitik in den nächsten Monaten zugenommen habe. Die Anleihemärkte seien entsprechend mit einem deutlichen Renditerückgang von circa 0,5% für langlaufende Staatsanleihen alleine in der ersten Januarhälfte sehr freundlich ins neue Jahr gestartet.

Auch mit Blick auf die nächsten Monaten halte Merck Finck grundsätzlich hochwertige Anleihen für lukrativ, da sie mit Kursgewinnen reagieren dürften, wenn die Zinsen ihren Höhepunkt hinter sich lassen würden, das Wachstum sich verlangsame und die Inflation nachlasse. Demgegenüber könnten Anleihen von geringer Qualität unter Druck geraten, insbesondere solche, bei denen die Risikoaufschläge historisch zu niedrig erscheinen würden. Dies dürfte im Übrigen auch viele Investoren von Hochzinsanleihen treffen, die sich noch in den Zeiten niedriger Zinsen auf der Suche nach Rendite den riskanteren Papieren zugewandt hätten.

Merck Finck gehe mit einem differenzierten Blick auf die Anleihemärkte ins Jahr 2023 und stelle seine Portfolios entsprechend auf. Im Einzelnen heiße das:

1. Merck Finck baue Positionen in Euro-Staatsanleihen auf, die bislang stark untergewichtet gewesen seien. Der Rückgang des Wachstums dürfte die Inflation sowie den Zinsanstieg bremsen und zugleich Euro-Staatsanleihen als sichere Häfen gefragter erscheinen lassen. Das schaffe Potenzial für Kursgewinne.

2. Merck Finck stocke auch US-Staatsanleihen auf, weil die US-Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben sollte und die Bank nun mit einem zeitnahen Ende der Zinsanhebungen rechne.

3. Merck Finck halte an seinem erhöhten Engagement in Schwellenländer-Hartwährungsanleihen fest, da die Risikoaufschläge attraktiv seien. Außerdem wirke sich für viele Schwellenländer die schrittweise Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft positiv aus.

4. Merck Finck erhöhe sein Engagement in europäischen Investmentgrade-Anleihen, da die Bewertungen vernünftig erscheinen würden und sich auch hier die Überschreitung des Gipfels bei Inflation und Zinsen positiv auswirken sollte.

5. Merck Finck baue seine Positionen in allen konjunktursensitiveren Bereichen ab, in denen die Renditen das Ausfallrisiko nicht angemessen kompensieren würden. Dazu würden nach Auffassung von Merck Finck insbesondere US-Unternehmensanleihen zählen, sowohl im Investmentgrade-Bereich als auch im Hochzinsbereich.

Neben einer differenzierten Betrachtung der einzelnen Sektoren rate Merck Finck Investoren zudem, sich über ihre Schwankungstoleranz im Klaren zu sein. Denn solange die Notenbanken ihren Zinserhöhungszyklus noch nicht erkennbar beendet hätten und die Inflationsraten nicht deutlich näher an die Zielmarken der Notenbanken heranrücken würden, sollten Anleger nicht von einer weiterhin hohen Volatilität an den Rentenmärkten überrascht sein. (26.01.2023/alc/a/a)