Anleihen-Handel: "Zeit der Renditetiefs ist vorbei"


25.05.21 12:15
Deutsche Börse AG

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Der deutliche Anstieg der Verbraucherpreise in den USA und Deutschland schürt weiter die Sorgen vor Inflation und höheren Leitzinsen, so die Deutsche Börse AG.

Am Mittwoch sei die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen auf ein Zweijahreshoch von minus 0,07 Prozent geklettert. Am Freitag seien es mit minus 0,11 Prozent wieder etwas weniger gewesen.

"Angesichts der Turbulenzen um Bitcoin und andere Kryptowährungen sind sichere Staatsanleihen wieder gesuchter", bemerke Arthur Brunner von der ICF Bank. Dennoch gehe die Tendenz bei den Renditen klar nach oben. "Die Zeit der Renditetiefs ist vorbei."

Ob die Inflation nach dem durch Sondereffekte verursachten Anstieg wieder zurückgehe, entscheide sich laut den Anleiheanalysten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner von der Commerzbank vor allem am Arbeitsmarkt. "Die Inflation wird sich nur dann wieder beruhigen, wenn der Lohndruck moderat bleibt." Für Europa sei nach Ansicht der Analysten vorerst kein Lohndruck zu erwarten: "Anders als in den USA hat sich der Arbeitsmarkt im Euroraum von der Corona-Krise noch nicht erholt. Im Gegenteil, die Unterbeschäftigung dürfte zu Jahresbeginn wieder zugenommen haben", würden sie erklären.

Selbst die erwartete kräftige Erholung der Konjunktur im weiteren Jahresverlauf werde daher kaum zu größeren Spannungen am Arbeitsmarkt führen. Zudem reagierten die Löhne erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf eine Konjunkturbelebung. "Eine Trendwende bei den Tarifabschlüssen ist - wenn überhaupt - frühestens Mitte 2022 zu erwarten."

Im Handel mit Unternehmensanleihen seien GRENKE und Lufthansa letzte Woche wichtigste Themen gewesen. GRENKE habe am Montag mitgeteilt, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG den Jahres- und Konzernabschluss 2020 uneingeschränkt testiert habe. Das Testat sei nach den Betrugsvorwürfen gegen GRENKE mit Spannung erwartet worden. Am letzten Freitag habe GRENKE den testierten Jahresbericht vorgelegt, die Zahlen für das erste Quartal 2021 sollten am 31. Mai folgen. GRENKE-Anleihen (ISIN XS1527138272 / WKN A189PU, ISIN XS1799162588 / WKN A19YH2, ISIN XS2078696866 / WKN A2R98B) hätten profitiert. "Da ging es fulminant nach oben", stelle Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank fest. Mittlerweile habe sich die Lage etwas beruhigt.

Wie Rainer Petz von Oddo BHF erläutere, sei der Kurs des bis 2024 laufenden GRENKE-Bonds von 91,5 Prozent Anfang der Woche auf aktuell 95,5 Prozent geklettert (21.05.2021). Im Tief nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe im September 2020 seien es nur 60 Prozent gewesen. "Das zeigt, dass das Vertrauen der Anleger wieder da ist", bemerke Rainer Petz von Oddo BHF.

Auch die Lufthansa habe letzte Woche Schlagzeilen gemacht: Der Vorstand habe nämlich gemeldet, dass die Kuponzahlungen für die 2015 emittierte Hybridanleihe (ISIN XS1271836600 / WKN A161YP) für die Dauer der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen ausgesetzt würden. Nach Ansicht der EU-Kommission würden die Kuponzahlung einen Verstoß gegen die beihilferechtlichen Regelungen darstellen. "Die Lufthansa will die aufgeschobenen Kuponzahlungen aber schnellstmöglich nachholen", melde Daniel.

Die Anleihe sei an der Börse Frankfurt noch vom Handel ausgesetzt. "Bei Wiederaufnahme dürfte sie 3 bis 4 Prozentpunkte unter dem alten Kurs von 98,5 Prozent gehandelt werden", meine Petz.

Beliebt bleibe Daniel zufolge die neue, bis 2026 laufende Anleihe (ISIN AT0000A2QS11 / WKN A3KQGX) von UBM Development, die jährlich 3,125 Prozent Zinsen bringe.

Käufe melde Brunner für die Anleihen (ISIN NO0010861487 / WKN A2SAP3) der Beteiligungsgesellschaft Aurelius Equity Opportunities, die im Februar emittierten Bonds (ISIN DE000A289YC5 / WKN A289YC) des Immobilienunternehmens PANDION und auch die letzte Woche vollständig platzierten Green Bonds (ISIN DE000A3H3JV5 / WKN A3H3JV) von hep global. "Der Deutsche Mittelstandsanleihen Fonds hat mitgeteilt, dass er die hep-Anleihe in sein Portfolio aufgenommen hat." hep global aus Güglingen bei Heilbronn sei ein Emissionshaus für globale Solarfonds und Solarpark-Beteiligungen. Gute Umsätze verzeichne laut Brunner außerdem die 2023 fällige Ferratum Capital Germany-Anleihe mit Kupon von 5,5 Prozent. "Größere Verkäufe wurden vom Markt wieder schnell aufgenommen."

Kräftig nach unten gegangen sei es Brunner zufolge hingegen für das Papier (ISIN DE000A2E4XE4 / WKN A2E4XE) der eterna Mode Holding. Auf Basis vorläufiger Zahlen für das erste Quartal 2021 habe das Unternehmen nicht alle Financial Covenants im Zusammenhang mit einem Schuldscheindarlehen einhalten können. Dadurch entstehe für die Schuldscheingläubiger ein außerordentliches Kündigungsrecht. "Das hat sich auch auf die Anleihen ausgewirkt." Der Kurs sei von 92 Prozent auf im Tief 64 Prozent gefallen, aktuell seien es 69 Prozent (21.05.2021). Financial Covenants seien bestimmte Kennzahlen in Bezug auf Eigenkapital, Verschuldung, Ertrag oder Liquidität. (Ausgabe vom 21.05.2021) (25.05.2021/alc/a/a)